Ostergeschichten neuzeitlicher Autoren -
Besinnliche und heitere Geschichten zur Osterzeit.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Autoren, die mir die Erlaubnis zur Veröffentlichung ihrer Geschichten erteilt haben.
Bitte beachten:
Das Copyright der Texte liegt bei den jeweiligen Autoren!
Das Osterei auf der Fensterbank Das Osterfeuer Das schönste Ei Das ungeschickte Osterhäschen Der blaue Hase Die rechte Osterfreude Die Waldelfen Ei-Pott Frau u. Herr Igel bereichern d. Osterfest Hase Muck stielt ein Ei Hilfe für Pips, das Hasenkind |
Opa und die Osterglocken Osterfreu(n)de im Outback Ostern Multikulti in unserer Wohnanlage Pinselchen Sophie beim Osterhasen Vorfreude auf Ostern Wie die Fliegenpilze ihre roten Hüte ... Wie ist das mit dem Osterhasen? Willi Weihnachtshase |
Elke Bräunling
Die rechte Osterfreude
Am Ostermorgen stand ein Korb voller bunt bemalter Eier im Garten der Paulsens. Sonst nichts. Keine Schokohasen, keine hübsch verpackten Ostergeschenke, keine Karte mit Ostergrüßen. Nichts. Da war nur dieser Korb, einfach und schmucklos und irgendwie langweilig. Und schwer war er. So schwer, dass ihn Mara und Max nur zu zweit hochheben und tragen konnten. Seltsam.
„So viele Eier!“, staunt Mara. „Warum bringt uns der Osterhase so viele Eier?“
„Wenn es wenigstens Schoko-Eier wären!“, mault Max.
Auch Mama und Papa gucken etwas komisch.
„Wo sind denn all die Nester, die ich heute Morgen ganz früh, äh, ich meine natürlich, die der Osterhase heute Morgen hier versteckt hat?“, murmelt Papa.
Und Mama blickt ein bisschen wütend zum Nachbarhaus, wo Oma und Opa wohnen, hinüber und schüttelt den Kopf.
„Ostern ist doof!“, mault Max wieder. „Wer soll denn die vielen Eier aufessen?“
Mara überlegt. Sie erinnert sich daran, wie Oma neulich im Park etwas von „älteren Menschen, die einsam sind und wenig zum Freuen haben“, gesagt hatte. Ein bisschen traurig hatte dabei sie zu dem Seniorenstift am Rande des Parks geschaut und „Hach ja!“ geseufzt.
„Hach ja!“, sagt Mara nun, und jetzt weiß sie, warum der Osterhase – oder wer auch immer sonst – diesen Eierkorb in ihren Garten gestellt hat.
„Fass mit an!“, sagt sie zu Max. „Heute sind wir die Osterhasen.“ Sie flüstert ihrem Bruder etwas ins Ohr.
„Toll! Das machen wir!“ Max nickt.
Dann laufen die Geschwister mit dem Eierkorb zum Seniorenstift hinüber. Mehr als eine Stunde sind die beiden als ‚Osterhasen‘ unterwegs, gehen im Stift von Zimmer zu Zimmer, wünschen ‚Frohe Ostern‘ und schenken jedem Bewohner ein Osterei.
Wie viel Freude macht es, die Freude in den Gesichtern der Stiftbewohner zu sehen!
„Das ist die rechte Osterfreude!“, sagt Mara zu Max auf dem Heimweg. „Sie fühlt sich schön an.“
Max nickt. „Und gar nicht doof“, sagt er.
© Elke Bräunling
Gisela Brix
Hase Muck stiehlt ein Ei
Wenn man in das Märchenland hinein geht, ist gleich hinter dem Wald eine große Wiese, auf der die allerschönsten Blumen blühen. Hier wohnt der Osterhase mit seiner Familie. In jedem Jahr treffen sich dort die Bewohner des Märchenlandes und feiern mit dem Osterhasen das Osterfest.
Alle freuen sich auf das Fest und jeder hilft mit, damit es richtig schön wird. Schneewittchen und die sieben Zwerge lernen neue Lieder, die sie beim Fest singen werden. Das tapfere Schneiderlein näht eine kleine Fahne. Rumpelstilzchen spinnt bunte Fäden. Dornröschen und Frau Holle sticken damit ein buntes Osterei und die Worte „das schönste Osterei des Jahres“ auf die Fahne. Alle nennen sie die Siegerfahne und das hat seinen Grund.
Denn in jedem Jahr zu Ostern findet im Märchenland ein Ostereier-Malwettbewerb statt. Jeder kleine Hase, der in die Hasenschule geht, bemalt ein Ei. Und wer das schönste Osterei bemalt hat, bekommt die bunte Fahne. Er darf sie mit nach Hause nehmen und bis zum Osterfest im nächsten Jahr im Garten aufstellen.
Doch in einem Jahr hätte es beinahe viel Ärger beim Osterfest gegeben und das kam so:
Es gab einmal einen kleinen Hasen mit dem Namen Muck. Er wollte ein ganz besonders schönes Osterei malen und hatte eine tolle Idee. Er wusste, dass Hans im Glück mit seiner Gans neben Frau Holle wohnte. Vielleicht hatte diese Gans schon Eier gelegt. Muck schlich leise dorthin, wo sie lebte und sah, dass dort ein großes Ei lag. Als die Gans in eine andere Richtung schaute, nahm er das Ei und lief davon. Im gleichen Moment bemerkte ihn die Gans und rannte wütend hinter ihm her. Aber da Hasen schneller laufen können als Gänse, konnte sie Muck nicht einholen.
Als er ein Stück vom Haus weg war, setzte er sich ins Moos und schaute das Ei an. Plötzlich hörte er eine Stimme: „Na, findest du gut, was du getan hast?“ Muck drehte sich um und sah neben sich einen anderen kleinen Hasen sitzen. Er sah genauso aus wie Muck, hatte aber zwei Flügel auf dem Rücken. „Wer bist du denn?“, fragte Muck erstaunt. „Ich bin dein Schutzengel“, antwortete der andere Hase: „Ich passe auf dich auf. Und wenn du etwas vorhast, das nicht in Ordnung ist, ermahne ich dich.“
Ich habe dich noch nie gesehen“, sagte Muck. „Ich bin ja auch sonst unsichtbar“, meinte der Schutzengel. „Aber dieses Mal musste ich sichtbar werden, weil du etwas Schlimmes getan hast.“
Angestrengt dachte Muck nach und plötzlich wurde ihm klar, was passiert war. Er hatte gestohlen - er war ein Dieb - er war ein Eierdieb. Er schämte sich so sehr, dass er einen roten Kopf bekam. „Endlich hast du kapiert, was los ist. Jetzt überlege mal, wie du das wieder in Ordnung bringen kannst,“ sagte sein Schutzengel.
„Vielleicht sollte ich das Ei einfach hier im Moos liegen lassen“, flüsterte Muck schüchtern. Doch sein Schutzengel antwortete ganz zornig: „Wenn du das tust, dann bist du nicht nur ein Dieb, sondern auch noch ein Feigling.“
Muck wusste nicht, was er machen sollte und schaute seinen Schutzengel hilflos an. „Du bringst das Ei zurück, entschuldigst dich bei der Gans und dann ist alles wieder gut,“ meinte sein Schutzengel.
Als Muck das hörte, zitterten ihm vor Angst die Knie und er sagte: „Die verhaut mich doch so, dass ich grün und blau werde.“ „Ich gehe mit dir und passe auf dich auf. Dafür bin ich ja da“, tröstete sein Schutzengel. Ganz langsam ging Muck wieder zurück. Je näher er kam, desto öfter blieb er stehen. Doch jedes Mal schubste ihn sein Schutzengel und rief: „Vorwärts - mache jetzt nicht schlapp. Was du dir eingebrockt hast, musst du auch auslöffeln.“
Als Muck bei der Gans ankam, bemerkte sie ihn sofort und kam drohend auf ihn zu. Muck hielt ihr das Ei entgegen und stotterte: „H-h-hier ist das Ei, d-das ich gestohlen habe. E-Entschuldigung.“ Er nahm all' seinen Mut zusammen und erklärte der Gans, warum er das Ei weggenommen hatte. Die Gans hörte zu und sagte dann streng: „Bring das Ei dahin, wo es vorher war.“ Muck tat das, was sie gesagt hatte. Beim Weggehen machte er einen großen Bogen um die Gans, denn sie sah sehr gefährlich aus. Dann lief er so schnell weg wie er konnte und hörte, wie sein Schutzengel rief: „Das hast du gut gemacht - ich bin stolz auf dich.“
Und nun malte Muck beim Malwettbewerb genauso ein Ei an wie die anderen kleinen Hasen. Es wurde ein wunderschönes grasgrünes Osterei. Viele weiße Gänseblümchen und rote Marienkäfer waren drauf. Alle meinten, dass es das allerschönste Osterei des Jahres war und Muck bekam die tolle bunte Siegerfahne.
Nun durften die kleinen Hasen ihr bemaltes Ei verschenken. Muck nahm sein Ei und lief damit zu der Gans. Als er bei ihr war, sah ihn die Gans aufmerksam an. Aber Muck hatte nun keine Angst mehr vor ihr. Er rief „Frohe Ostern“ und schenkte ihr sein bemaltes Ei - das schönste Osterei des Jahres.
Und so wurde es ein richtig schönes Osterfest. Es wurde gelacht und gesungen und jeder hatte gute Laune. Muck freute sich, dass er die Fahne bekommen hatte und kein Dieb mehr war. Die Gans freute sich über das bunte Osterei und auch der Schutzengel freute sich. Denn mit seiner Hilfe war alles wieder in Ordnung gekommen.
(c) Gisela Brix
aus der Anthologie „Das Osterfest im Märchenland“, net.-Verlag
*mit freundlicher Genehmigung der Autorin Gisela Brix
aus der Anthologie „Das Osterfest im Märchenland“, net.-Verlag
Barbara Pronnet
Ostern Multikulti in unserer Wohnanlage
„Seit so viele Ausländer hier sind schaut es in unserer Anlage aus, unfassbar“. Herr und Frau Müller belagerten mich jetzt schon gefühlte Stunden im Hausflur um sich über die riesigen Müllberge in unserer Wohnanlage und das Flüchtlingsthema auszulassen. Ich entschuldigte mich wegen einem wichtigen Termin und huschte in meine Wohnung. Meine alten Nachbarn waren wirklich gute Menschen aber ihre Ansichten deckten sich nicht wirklich mit meinen. Sicher, es lungerten immer öfters Jugendliche jeder Herkunft in unserem Viertel rum und meistens ließen ihre Flaschen und Fastfood Kartons einfach liegen.
Umweltschutz sollte eigentlich jeder kapiert haben egal woher er kam.
Eigentlich hatte ich gerade aktuell andere Sorgen. Mein Kater Felix, Freigänger in unserer Wohnanlage war immer öfters abgängig. Ich vermutete einen Zweitplatz, bei Katzen durchaus beliebt. Felix schlüpfte nach seinem Ausbleiben gut gelaunt und ohne schlechtes Gewissen durch seine Klappe und fraß wohl mir zuliebe noch etwas von seinem Futter. Danach sprang er auf das Sofa und kuschelte sich zu mir. Eigentlich alles wie gehabt aber das lange Ausbleiben und das wenige Fressen machte mir Sorgen. Wo trieb er sich solange rum? Ich musste es herausfinden.
In der Karwoche hatte ich bereits Ferien als Lehrerin und als Felix nach seiner Morgenschüssel durch die Klappe nach draußen schlich, lief ich rasch aus meiner Wohnung und huschte durch die Einfahrt zu meinem kleinen Garten zurück. Mein Kater lief zielstrebig durch die Blumenrabatten unserer Anlage und verschwand durch ein Gebüsch hinter dem sich ein anderes Haus befand, ebenfalls mit Gartenwohnungen. Ich spähte über die Hecke und sah meinen Treulosen vor einer Terrassentüre sitzen und miauen. Prompt öffnete sich die Türe und Felix stolzierte mit hoch erhobenem Schwanz hinein.
Ich fasste es nicht. Das ist ja die Höhe. Ich lief um das gesamte Haus herum zu der Eingangstüre. Das Haus hatte zwei Gartenwohnungen, es musste die linke sein. Auf dem Türschild stand „Pawlow“. Ich atmete tief durch und klingelte. Der Summer ertönte und ich stieß die Türe auf und ging durch den kleinen dunklen Flur. Eine Türe öffnete sich. Vor mir stand eine große wunderschöne Frau mit blonden hoch toupierten Haaren.
Sie trug enge Leopardenleggins und einen grellpinken Pullover.
„Ja bitte, kann ich helfen?“ sprach sie mit starken Ostblock Akzent.
„Hallo, ich heiße Susanne Weber und wohne im Haus gegenüber. Kann es sein, dass mein Kater Felix bei ihnen ist?“
„Oh Felix ist Name von Mietzekatz, bitte komm rein, bitte“ Sie zog mich in ihre Wohnung und dirigierte mich in das Wohnzimmer. Da saß auch schon Felix wie ein Prinz auf dem goldenen Prokatsofa und sah mich verwundert an. Ich wurde daneben gesetzt und Frau Pawlow ließ sich in den Sessel gegenüber fallen. Sie strahlte uns beide an.
„So schön, dass ich gleich noch Frauchen von Katze kennenlerne. Katze saß immer so hungrig in meine Garten und ich nicht wusste wo kommt her? Also ein bisschen Fisch gegeben und Katze ist durch Wohnung gegangen und so lieb und hat geschmust mit mir. Aber bitte, ich nicht habe festgehalten, ist immer gegangen wann wollte. Aber so schön das Besuch gekommen und ich habe immer so gefreut. Bitte nicht böse sein“.
Felix fixierte mich mit seinen grünen Augen. Siehst du, alles in Ordnung, ich pflege hier Nachbarschaft, schien er mir zu sagen.
„ Na, dann bin ich ja beruhigt und weiß wo sich mein kleiner Streuner rumtreibt“. Ich konnte der sympathischen Frau nicht böse sein.
„Ich bin Nadja“ stellte sich Frau Pawlow vor.
„Susanne“ sagte ich und hatte schon einen Prosecco in der Hand.
Es war fast Mittag als Felix und ich zu unserer Wohnung zurück gingen. Nadja musste zur Arbeit. Sie war Altenpflegerin, lebte seit 3 Jahren in unserer Anlage und kam aus Russland. Ihr Mann war Fernfahrer und sie war viel allein. Wir waren uns noch nie begegnet. Oder ich hätte sie nicht beachtet, dachte ich erschrocken über meinen bornierten Gedanken. Wenn Felix zu Besuch kam fühlte sich Nadja ein bisschen weniger einsam. Sie hatte kaum Anschluss mit anderen Nachbarn und am liebsten sah sie russisches Fernsehen nach der anstrengenden Arbeit, immer wieder mal mit Felix auf dem Schoss.
Ich lud sie und ihren Mann zum Osterbrunch ein. Sie umarmte mich herzlich und wir tauschten unsere Handynummern.
Am Ostersonntag kamen meine zwei Freundinnen und das alte Ehepaar Müller zu mir. Ich kündigte ihnen die Pawlow‘s an und allein der Name ließ die beiden schon verstummen.
Felix saß mittendrin und schnupperte freudig Richtung Osterbuffet. Da fiel sicher ein kleiner Happen für ihn ab.
Es klingelte und Nadja kam mit ihrem Mann Josef, ein Russe wie im Bilderbuch. Groß und laut wie ein Bär. Die beiden brachten russische Köstlichkeiten und Krim Sekt mit.
Was soll ich sagen? Nadja, die sich mit alten Menschen auskannte, eroberte die Herzen der Müllers im Sturm und als Josef seine Fernfahrergeschichten und Nadja über das Altersheim erzählten, mussten wir lachen, staunen und auch ein paar Tränchen verdrücken. Großen Respekt vor diesen Berufen und mehr Wertschätzung, dachte wohl nicht nur ich in dem Moment.
Es war ein wunderbarer Ostersonntag. Es eröffnete uns allen ein wenig die Kultur des anderen und wir fühlten uns auch durch das gemeinsame Essen angenehm verbunden.
Ich war stolz auf meinen Kater. Er hatte wohl das richtige Gespür, sein Instinkt trieb ihn zu einer guten Seele und diese kam zurück zu mir. Ich freute mich über die neue Nachbarbekanntschaft und wusste Felix dort in guten Händen wenn ich im Urlaub oder dienstlich weg fahren musste. Die Müllers versorgten Felix gern, aber dass Kuscheln kam immer etwas zu kurz und es war eine zusätzliche Belastung, die ich ihnen nicht immer mit guten Gewissen aufgehalst hatte.
Als alle gegangen waren, räumte ich auf und setzte mich auf mein Sofa. Nadja hatte mir wunderschön bemalte Ostereier geschenkt. Ich betrachtete sie und Felix hüpfte zu mir und schmiegte sich mit seinem warmen Bauch an meinen Oberschenkel.
Da saßen wir beide, einträchtig zusammen und mit neuen Freunden in der Nachbarschaft.
Wir verbrachten Ostern Multikulti. So einfach könnten Vorurteile abgebaut werden.
Manchmal reicht da schon der offene Blick in der eigene Wohnanlage oder ein neugieriger Kater.
(c) Barbara Pronnet
Martina Kast
Willi Weihnachtshase
Willi ist das dritte Häschen, aus dem 3. Wurf seiner Mama Paula. Papa Oreo entstammt einer stolzen Ahnenreihe von Osterhasen. So wurden auch alle seine Nachkommen Osterhasen. Bei Mama Paula sah das ganz anders aus. Sie entstammte keiner der hoch angesehenen Osterhasenfamilien. Oreo musste sich damals mächtig ins Zeug legen und große Überzeugungsarbeit beim hohen Rat der Osterhasen leisten, um Paula heiraten zu können. Ohne den Segen des hohen Rates, war eine Heirat undenkbar und erst als er damit drohte, dem Osterhasensein zu entsagen und nie mehr ein Osterfest zu feiern oder gar Kinder mit bunten Eiern zu erfreuen, ließ sich der hohe Rat breitschlagen. Oreo durfte die Nicht - Osterhäsin heiraten. Eine aus dem niedrigen Hasenvolk.
Als die Ratsmitglieder nach tagelanger Beratung, verkündeten, dass Oreo die Häsin Paula heiraten dürfe, hatte man das Gefühl, das dem Ratsmitglied, ein Schneidezahn beim Sprechen abbrechen würde. So gepresst, wie er die Worte über seine Lippen brachte.
Die anderen zitterten mit den hoch aufgestellten Ohren und mümmelten aufgeregt vor sich hin. Doch Oreo war glücklich. Die einzige Bedingung, die der Rat daran knüpfte, war, dass sich Paula vereidigen lassen musste. Sie musste hoch und heilig schwören, dass sie niemals die Geheimnisse der Osterhasen, dem gemeinen Hasenvolk, den Menschen oder anderen Tieren verraten würde. Außerdem legte man Oreo nahe, dass er nie wieder versuchen sollte, den Rat zu erpressen. Beim nächsten Mal würden sie ihn seines Ranges entheben und er müsse, aus der Osterhasengesellschaft verbannt, als Schande seiner Familie, als ganz einfacher Hase leben – samt seiner Nachkommen.
Paula legte ihr Gelübde ab und dann wurde eine große Osterhasenhochzeit gefeiert. Der erste Wurf ließ auch nicht lange auf sich warten. Alle Nachkommen wuchsen zu großartigen Osterhasen heran und auch Paula entpuppte sich als eine tolle Osterhäsin. Sie verstand sich darauf, Eier in den schönsten Farben zu bemalen und die ausgefallensten Muster auf die Eier zu zaubern. Außerdem war sie eine gute Lehrerin für ihre Kinder, die alle sehr begabt waren. Das änderte sich auch nicht beim zweiten Wurf. Oreo war der stolzeste Osterhase überhaupt. Auch der dritte Wurf war sehr talentiert und arbeitete mit Fleiß und Hingabe auf das Osterfest hin.
Nur einer machte nicht so ganz, was er sollte. Er verzierte die Eier zwar kunstvoll und es ging ihm auch keines zu Bruch, aber er hatte schon komische Ideen. So verpackte er eines Abends alle seine bunten Eier in kleine Geschenkschachteln, die er aus Blättern und Stöcken gebastelt hatte. Dann wickelte er das Päckchen in Geschenkpapier. Er band eine Schleife darum und verpasste ihm zum Überfluss noch einen Geschenkanhänger.
Als Oreo das sah, fiel er aus allen Wolken. „Himmel, Donner und Eierschalenbruch!”, rief er laut, als Willi ihm seine neueste Kreation gezeigt hatte. Im ganzen Hasenbau wurde es schlagartig still. Paula kam schnell aus der Küche gehoppelt, um nachzusehen, warum ihr Mann so laut schimpfte. Sie fand ihn, wie jeden Abend, in der Wohnstube in seinem Sessel. Vor ihm saß Willi. Die Ohren angelegt und den Kopf geduckt wackelte er ängstlich mit seinem Näschen.
„Was bitte soll das denn sein? Sind wir hier beim Weihnachtsmann, oder was? Möchtest du noch ein Glöckchen dran binden und Ho Ho Ho darunter schreiben?”
Oreo war schier entsetzt und hoppelte inzwischen aufgeregt herum. Paula hoppelte zu Willi und strich ihm beruhigend über seine Ohren. „Oreo”, rief sie ermahnend in dessen Richtung. „Bitte. Du erschreckst Willi ja zu Tode. Was hast du denn?”
„Oh, – sieh dir nur mal die herzige Kreation deines Sohnes an.”, sagte er spöttisch und hielt Paula das Päckchen unter die Nase. „Schick – oder?”
Paula nahm das Päckchen an sich und betrachtete es von allen Seiten. Es war eigentlich eine sehr schöne Arbeit. Aber das konnte sie ihrem Mann jetzt schlecht sagen. Sie wusste was er meinte.
Willi allerdings wusste so gar nicht, was er verkehrt gemacht hatte. Paula wollte ihren Sohn nicht verletzen und seine Idee schlecht machen. Aber sie konnte Oreo auch nicht sagen, dass sie die Idee gar nicht so schlecht fand. Sie überlegte, wie sie das Dilemma schlichten konnte. Schließlich seufzte sie tief und ließ ihre Ohren hängen. „Ich glaube, das ist meine Schuld.” Sie gab ihrem Sohn einen kleinen Klaps auf die Flanke und flüsterte ihm zu, er solle in der Kinderstube auf sie warten. Willi sauste los. Oreo wollte eine Erklärung von Paula. Da sagte sie ihm, dass Willi so gern Geschichten hörte und sie ihm unlängst welche vom Weihnachtsmann erzählt hätte. Sie versprach mit Willi darüber zu reden, damit er einsieht, warum man Eier nicht in Geschenkschachteln verpackt. Während sie mit Oreo sprach, war sie immer näher an ihn heran gehoppelt.
Schließlich saß sie neben ihm und stupste ihn zärtlich mit ihrem Kopf. Schon war seine Wut verflogen. Paula hoppelte in Richtung Kinderstube davon, während Oreo es sich wieder in seinem Sessel bequem machte.
Paula hörte, wie alle Hasenkinder in der Werkstatt, über Willi lachten und redeten. Doch jetzt war keine Zeit, sie dafür zu maßregeln. Jetzt musste sie zuerst zu Willi und mit ihm reden. Und das tat sie dann auch. Sie setzte sich zu ihm und erklärte ihm, dass Osterhasen Eier bemalten und sie versteckten. Dass sie die Eier mal in Körbchen und mal in Nester legten, um sie dann zu verstecken. Osterhasen packten ihre Eier aber auf gar keinen Fall in Geschenkschachteln und machten Schleifen darum. So verpackten nur der Weihnachtsmann und seine Elfen die Geschenke.
Der Weihnachtsmann wiederum versteckte seine Geschenke nicht und legte sie einfach unter den Weihnachtsbaum. Als sie ihm alles erklärt hatte, sollte er noch etwas darüber nachdenken und dann erst wieder zu den Anderen zurückkehren. Das verschaffte Paula Zeit, noch mit ihren anderen Kindern zu reden und sie zu ermahnen, Willi nicht auszulachen.
Eine Weile verlief alles wie es sollte. Alle Eier wurden marmoriert, mit Streifen bemalt, mit Punkten versehen oder mit hübschen Aufklebern verziert. Es wurden Nester gefüllt und Körbchen. Die Liste von allen zu beschenkenden Kindern wurde langsam kleiner und Ostern rückte näher.
Aber Willi hatte immer noch die verrücktesten Ideen, wie er gern die Eier schmücken würde und er stellte sich vor, wie die Ostereier wohl an einem Weihnachtsbaum aussähen und wie lustig es sein könnte, wenn man Ostereier auch in Geschenk-schachteln packen würde. Fast jede Nacht träumte er davon. Es war inzwischen schon so schlimm, dass er manchmal auf seine Eier Tannenzweige malte, oder Christbaumkugeln. Sogar Winterlandschaften. Sein Vater hatte ihn oft ausgeschimpft und seine Geschwister hänselten ihn alle. Willi fühlte sich sehr allein. Er konnte nicht verstehen, warum er nicht sein konnte wie er war.
Warum konnte er nicht die Eier verpacken oder mit Christbaumkugeln bemalen. Was nur war verkehrt mit ihm?
Willi wurde immer trauriger und schließlich konnte er nur noch einfarbige Eier herstellen. Bevorzugt in dunklen Farben. Er träumte Tag und Nacht davon, wie er durch Schnee hoppelte und mit den Elfen bunte Päckchen packte. Gefüllt mit lustigen Spielsachen. Er wollte Kekse knabbern statt Karotten und mit den Rentieren über ihre weite Reise um die Welt plaudern. Wie gern würde er an einem Weihnachtsbaum sitzen, der über und über, voll mit bunten Kugeln und Lametta, geschmückt ist. Er würde gerne Christbaumkugeln bemalen, statt der Eier. Er war sich sicher, dass niemand, wirklich niemand, sich jemals etwas so sehr gewünscht hatte wie er.
Als Willi dann eines Tages so krank wurde, dass Paula und Oreo befürchten mussten, dass er es nicht überleben wird, fassten sie einen Entschluss. Sie wollten alles dafür tun, dass Willi seinen größten Wunsch erfüllt bekommt. Dieser Wunsch war kein Geheimnis geblieben, denn er hatte dutzende Bilder gemalt, auf denen er am Nordpol zu sehen war. Mit dem Weihnachtsmann, den Elfen, einem Schlitten und den Rentieren und einem Weihnachtsbaum. Ja, es gab sogar Bilder, auf denen er sich selbst gemalt hatte, wie er Christbaumkugeln bemalte und Geschenke einpackte. Ein kleiner Künstler, der scheinbar lieber ein Weihnachtshase sein wollte, anstatt eines Osterhasen.
Oreo fiel diese Entscheidung besonders schwer. Noch nie war es in seiner Familie vorgekommen, dass ein Osterhase kein Osterhase sein wollte. Es gab weniger talentierte Osterhasen in seiner Familie – ja. Aber ein Osterhase, der lieber beim Weihnachtsmann arbeiten wollte – undenkbar.
Willis Geschwister lachten auch nicht mehr über ihn, als er so schwer krank wurde. Jetzt wäre ihnen alles recht, was er tun würde. Hauptsache er würde leben. Paula sah ein, dass alles erklären und reden nicht helfen würde. Willis Sehnsucht war so groß, dass selbst ihre Mutterliebe nichts ausrichten konnte.
So beschloss die ganze Familie, dass Willi an den Nordpol musste. Es war die einzige Chance, die Willi hatte, um zu überleben. Da waren sich alle einig. Also machte Oreo etwas, das noch nie ein Osterhase zuvor, getan hatte. Er schrieb dem Weihnachtsmann einen langen Brief. In dem Brief erklärte er so gut es ging, den Wunsch seines Sohnes. Er bat den Weihnachtsmann, seinen Sohn zu sich zu nehmen und ihn aufzuziehen. Er flehte ihn an, ihn nicht sterben zu lassen und dass er sich sicher sei, dass es Willi nur so schlecht ginge, weil er so unglücklich dabei sei ein Osterhase zu sein. Dann legte er die schönsten Bilder zum Beweis mit in den Brief hinein und schickte ihn schweren Herzens ab. Dann warteten alle darauf, dass Antwort kam. Und sie kam. Unerwartet und schnell.
Als Paula wenige Tage, nachdem ihr Mann den Brief geschrieben und abgeschickt hatte, die Kinderstube betrat, um nach Willi zu sehen, lag dieser nicht mehr in seinem Bett. Paula war sehr erschrocken und rief alle herbei damit sie nach ihm suchen konnten. Finchen, die kleinste Schwester, hopste auf Willis Bett. Dabei fand sie einen Briefumschlag, der zwischen Bettdecke und Kopfkissen steckte. Als sie ihn in die Pfote nahm, duftete es nach Zimt und Plätzchen. Mama Paula starrte den Brief in Finchens Pfote an und Tränen traten ihr in die Augen. Mit wackeligen Beinen trat sie näher an Willis Bett und mit zittrigen Händen nahm sie den duftenden Brief entgegen.
Sie setzte sich auf das Bett neben Finchen und öffnete langsam den Brief. Sie bemerkte nicht, dass auch Oreo sich neben sie gesetzt hatte und dass alle Geschwisterkinder sich um das Bett versammelt hatten. Sie las:
Liebe Osterhasenfamilie
Ich habe noch nie einen so rührenden Brief bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie schmerzlich es für euch alle sein muss, dass Willi so krank geworden ist. Und wenn ich die Bilder nicht gesehen hätte, dann hätte ich es nicht glauben können, dass ein Osterhase von Herzen lieber ein Weihnachtshase wäre. Darum habe ich mich beeilt und habe euren Willi besucht, als alle schliefen. Als ich gesehen habe, dass es wirklich so schlecht um ihn steht, wie Oreo es beschrieben hat, habe ich beschlossen Willi augenblicklich mitzunehmen. Ich werde für ihn sorgen. In einem Notfall werde ich sie natürlich, augenblicklich informieren. Ansonsten dürfen sie davon ausgehen, dass es Willi gut geht.
Gezeichnet, Weihnachtsmann
Familie Osterhase war traurig. Willi fehlte ihnen sehr und sie sprachen oft über seine verrückten Ideen und überlegten, wie es ihm am Nordpol wohl gefiele. Doch der Alltag kehrte auch wieder ein und die Arbeit musste wieder aufgenommen werden.
Derweil am Nordpol: Willi erwachte aus einem, total verrückten, Traum – so dachte er. Aber als er sich in seinem Bett aufsetzte und sich umsah, war er erstaunt. Überall sah er Rot und Grün, Gold und Silber. Seine Bettdecke war rot, mit einem weißen Rentier darauf. An den Wänden waren grüne Tapeten mit Christbaumkugelmuster.
Von der Decke hing ein Leuchter mit Lamettafäden aus Gold und Silber. Ja – er hörte sogar Weihnachtsmusik von irgendwo vor der Zimmertüre, die sich soeben öffnete. Herein kam in kleiner Elf, mit Zipfelmütze und einem breiten Lächeln. Als er sah, dass Willi wach war, stürmte er wieder hinaus und rief aus vollem Halse nach dem Weihnachtmann. Willi verstand immer noch nicht ganz was geschehen war. Er dachte nur, dass er nicht aufwachen möchte, falls dies ein Traum war. Dann kam der Weihnachtmann zu ihm herein. Es dauerte eine ganze Weile bis Willi seine Stimme wieder fand, die er vor Staunen wohl verloren hatte. Derweil setzte sich der Weihnachtsmann zu ihm aufs Bett und erklärte ihm was passiert war. Auch von dem Brief, den sein Vater geschrieben hatte und wie er hier an den Nordpol gekommen war. Von da an, fühlte sich der kleine Weihnachtshase Willi total wohl. Er vermisste seine Familie zwar, aber er wurde nicht mehr krank. Er machte fortan all die Sachen, von denen er zuvor nur träumen konnte. Er bastelte und malte, packte Geschenke ein und knabberte Kekse. Er lebte glücklich und zufrieden. In der Weihnachtszeit dachten in der Familie Osterhase, alle ganz besonders an Willi. Sie hatten sich sogar einen kleinen Tannenbaum in ihr Hasenhaus gestellt. Dort saßen sie oft zusammen und dachten darüber nach, was Willi jetzt so tat und wie es ihm wohl ergangen sei. Am Heiligabend wartete dann eine große Überraschung auf die Familie Osterhase. Als sie von ihrem Abendspaziergang durch den Schnee zurück kam, lagen ganz viele Geschenke unter dem Weihnachtsbaum.
Ja – Weihnachtsbaum, denn der Tannenbaum war über und über weihnachtlich geschmückt. Und unter dem Baum, lagen Geschenke für alle.
Jedes einzelne war sehr liebevoll verpackt und mit einem Geschenkanhänger versehen, auf dem der Name stand, für den das Päckchen bestimmt war. Da war die Freude riesengroß. Außerdem fand sich noch ein Brief auf dem Tisch. Dieses Mal nahm Oreo den Brief und las ihn laut vor:
Liebe Mama, Lieber Papa und liebe Geschwister
Mir geht es hier sehr gut und ihr braucht euch keine Gedanken um mich zu machen. Alle Geschenke, die euch der Weihnachtsmann gebracht hat, habe ich selbst gemacht und eingepackt. Ich bin sehr glücklich hier. Danke, dass ihr mich hier hingeschickt habt. Das ist euch sicher nicht leichtgefallen. Ich vermisse euch manchmal und ich denke sehr oft an euch. Ich liebe euch,
Euer Willi
Nun wussten alle mit Sicherheit, dass es die richtige Entscheidung war, Willi zum Weihnachtsmann zu schicken. Oreo und Paula waren sogar sehr stolz auf ihren Sohn. Fortan erzählten alle aus der Familie, was wirklich aus Willi geworden war – ein Weihnachtshase. Der erste Weihnachtshase überhaupt. Er war anders und das war gut so.
(c) Martina Kast
*veröffentlicht in der Anthologie "Blütenduft und Hasenträume" epubli verlag. Hrsg. Inge Escher
Antje Steffen
Vorfreude auf Ostern
Hansi Hase freute sich. Endlich war es soweit. Ostern stand vor der Tür und im gesamten Hasendorf liefen die Vorbereitungen. Die älteren Hasenkinder waren auf dem Weg zu den Hühnern der Umgebung, um sich, von diesen, Eier geben zu lassen. Vorsichtig wurden diese in großen Körben, die auf dem Rücken getragen wurden, nach Hause transportiert. Im Hasendorf warteten die Hasenmamas, um die Eier zu kochen, damit diese bunt bemalt werden konnten.
Nachdem Hansi im letzten Jahr allein zu den Hühnern gegangen war, war er in diesem Jahr freiwillig zu Hause geblieben. Er wollte viel lieber Eier bemalen. Zwar hätte er beides machen können, aber er wollte sich vorher mit seinem Freund Manni, dem Eichhörnchen, treffen. Diesen hatte er bei seinem Abenteuer im letzten Frühjahr kennengelernt. Seitdem hatten die zwei viel Spaß miteinander gehabt.
Manni hatte Hansi gefragt, ob er ebenfalls Eier anmalen dürfte. Hansi war sich nicht sicher gewesen und wollte den Hasenältesten fragen. Er war zum Ältesten gegangen. Dieser hatte Hansi aufmerksam zugehört und sich zurückgezogen, um über die Bitte des kleinen Hasenjungen nachzudenken.
In seinem langen Leben hatte es einen Fall wie diesen nicht gegeben und er wusste nicht, wie er entscheiden sollte. Deshalb hatte er Hansi nach Hause geschickt. Jetzt saß der alte Hase in seinem Haus und blätterte in seinem großen Osterhasenbuch. Er hoffte, hier eine Antwort zu finden. Das Buch war alt und wurde vom Ältesten zum nächsten Ältesten weitergegeben. Jeder schrieb seine Erfahrungen und Erlebnisse dazu und man konnte viele Dinge erfahren, wenn man in diesem Buch las
Er hatte zum Beispiel über Hansis Abenteuer berichtet. Einige Seiten weiter fand er einen Bericht über ein Hasenmädchen, das alle Eier gelb anmalte. Egal, was die anderen sagten, sie bestand auf gelben Eiern. Der Hasenälteste blätterte weiter und weiter. Es gab so vieles, da musste es einen Eintrag über andere Tiere geben, die am Eiermalen teilnehmen wollten.
Fast wollte er aufgeben, als er auf eine Seite stieß, die sich mit diesem Thema beschäftigte. Vor vielen Jahren gab es einen kleinen Hasen, der sich mit einem Dachs angefreundet hatte. Die zwei waren die besten Freunde gewesen. Als die Osterzeit kam, baten die Kinder darum, gemeinsam Eier bemalen zu dürfen. Damals hatte es eine Sitzung des Hasenrates gegeben. Nachdem dieser gründlich beraten hatte, wurde entschieden, dass der junge Dachs es versuchen durfte. Die Kinder hatten sich gefreut. Die Eier, die der Dachs bemalt hatte, waren wunderschön gewesen. Alle waren einig gewesen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten. Von diesem Jahr an hatten die Jungs gemeinsam am Eiermalen teilgenommen, und zwar solange, bis sie zu alt waren.
Der Hasenälteste lächelte. Das war die Lösung. Wenn die Hasen dem jungen Dachs erlaubt hatten, Ostereier zu bemalen, konnte er es wohl einem Eichhörnchen erlauben. Der alte Hase legte das Buch weg und machte sich auf den Weg zu Hansi.
Hansi saß zu Hause in seinem Zimmer und überlegte sich, wie er die Ostereier bemalen wollte. Er hatte ein Buch mit Mustern, seinen Zeichenblock und seine Farben vor sich und probierte die verschiedensten Muster aus. Als der Hasenälteste kam, sprang Hansi auf und lief ihm aufgeregt entgegen.
„Hallo, Hansi! Ich bin gekommen, um dir meine Entscheidung mitzuteilen. Ich weiß, du möchtest gerne wissen, ob dein Freund Manni mit dir gemeinsam Eier anmalen darf.“ Er blickte Hansi ins Gesicht und dieser nickte aufgeregt. Der Alte fuhr fort: „Da ich keinen Fall kannte, in dem ein anderes Tier Ostereier angemalt hat, habe ich in meinem großen Osterbuch nachgesehen. Es ist zwar lange her, aber ich habe einen Eintrag gefunden. Damals hat ein junger Dachs um die Erlaubnis gebeten, uns helfen zu dürfen. Die Ältesten haben seinerzeit entschieden, dem Dachs zu erlauben, Ostereier anzumalen. Es war eine neue Erfahrung und alle waren gespannt auf das Ergebnis. Die Eier wurden so schön, dass der Dachs noch lange geholfen hat. Du siehst, es ist möglich, dass uns andere Tiere helfen. Ich werde deinem Freund Manni erlauben, uns zu helfen.“
Hansi hatte gespannt zugehört. Jetzt hüpfte er vor Freude und jubelte laut. „Danke, danke, danke! Ich freue mich! Ich werde gleich zu Manni laufen und ihm Bescheid geben.“
Der Hasenälteste lächelte und sagte: „Warte einen Moment. Es gibt etwas, was ich dir zuvor sagen muss. Da keiner weiß, ob Manni Ostereier anmalen kann, soll er erst ein paar Probestücke machen. Sollten diese nicht gut genug sein, kann er nicht weitermachen.“
Hansi nickte. „Das verstehe ich. Wir können schließlich keine schlecht bemalten Eier verstecken. Manni ist bestimmt einverstanden. Darf ich jetzt zu ihm laufen?“
Der Hasenälteste nickte. „Lauf nur! Aber pass auf, du weißt, der Fuchs ist unterwegs!“
Hansi antwortete: „Weiß ich. Manni und ich haben uns etwas ausgedacht, um dem Fuchs auszuweichen.“
„Dann ist es gut. Komm bald zurück und bring deinen Freund zu mir.“
Hansi, der ein Stück weg war, drehte sich um und rief: „Mach ich! Bis bald.“ Und schon war der Hasenjunge verschwunden.
Der alte Hase blickte ihm lächelnd hinterher und ging zurück zu seinem Haus. Er hatte viel zu tun, bevor das Osterfest kommen konnte.
Hansi lief quer durch das Dorf. Er wollte in den Wald. Dort gab es einen Ort, den Hansi und Manni als Treffpunkt nutzten. Eine große Eiche war ihr Anlaufpunkt. Auf seinem Weg dorthin bewegte Hansi sich vorsichtig. Er wollte auf keinen Fall dem Fuchs in die Fänge geraten. Immer wieder blieb der Hasenjunge stehen und lauschte. Endlich erreichte Hansi den Baum. Er blickte sich um. Von Manni war nichts zu sehen. Hansi fing an, am Baum zu klopfen. Das war das ausgemachte Zeichen für Manni, dass Hansi auf ihn wartete. Nachdem er eine Weile geklopft hatte, versteckte Hansi sich im Dickicht. Dort wollte er auf Manni warten.
Es dauerte nicht lange, dann raschelte es in der Nähe von Hansis Versteck. Der Hasenjunge wollte gerade rauskommen, da sah er, wer auf der Lichtung war. Es war nicht Manni, sondern der Fuchs. Hansi blieb bewegungslos sitzen. Er durfte jetzt kein Geräusch machen und hoffte, der Fuchs würde schnell verschwinden. Dieser schien es nicht eilig zu haben. Er lief von rechts nach links, schnüffelte hier und da und machte keine Anstalten, die Lichtung zu verlassen.
Hansi wusste nicht, wie lange er noch stillsitzen konnte. Wenn nicht bald etwas passierte, würde der Fuchs ihn erwischen. Hansi hatte Angst. Als er dachte, dass der Fuchs ihn gleich entdecken würde, waren Geräusche zu hören. Der Fuchs spitzte die Ohren und lief in die Richtung, aus der der Lärm gekommen war. Hansi atmete auf, traute sich jedoch nicht aus seinem Versteck. Er blieb sitzen und versuchte, sich zu beruhigen.
Gerade wollte der kleine Hase sein Versteck verlassen, um nach Hause zu laufen, da hörte er es erneut rascheln. Hansi blieb, wo er war und lauschte. Diesmal hatte er Glück. Das Rascheln kam von Manni, der sich der Eiche näherte. Schnell kam Hansi aus seinem Versteck. Er sagte: „Bin ich froh, dass du es bist. Eben war der Fuchs hier und ich dachte, er würde mich erwischen.“
Manni grinste. „Ich weiß. Ich habe ihn gesehen. Da ich mir dachte, dass du hier auf mich wartest, musste ich mir etwas einfallen lassen. Zum Glück konnte ich den alten Räuber weglocken.“
Hansi staunte. „Das warst du? Dann verdanke ich dir meine Rettung. Vielen Dank! Das war wirklich knapp“
Manni zuckte die Schultern. „Du hättest das Gleiche für mich getan. Sag, warum bist du gekommen?“
Hansi lächelte. „Ich habe mit dem Hasenältesten gesprochen. Ich soll dir ausrichten, dass du die Erlaubnis bekommst, mit mir gemeinsam Ostereier anzumalen. Allerdings sollst du erst ein paar Probebilder malen. Der Älteste möchte wissen, ob du gut genug malst, um deine Eier zu den Kindern zu bringen.“
Manni freute sich. „Das ist toll! Soll ich gleich mitkommen?“
Hansi nickte. „Ja! Du kannst noch heute die Probe-Eier bemalen.“
Schnell machten sich die Freunde auf den Weg ins Hasendorf. Dabei waren sie vorsichtig. Schließlich konnte es sein, dass der Fuchs noch in der Nähe war.
Unbeschadet erreichten Hansi und Manni das Dorf. Hansi führte Manni zum Haus des Ältesten. Dort angekommen, klopfte der Hasenjunge an die Tür und wartete darauf, dass diese geöffnet wurde. Es dauerte nicht lange und der Älteste kam an die Tür. „Hallo, Hansi! Das ist sicher dein Freund Manni. Herzlich Willkommen! Kommt herein, ich habe alles vorbereitet.“
Die Jungs folgten dem alten Hasen in seine Werkstatt. Dort hatte er Farben und Pinsel und ein paar Eier bereitgelegt.
Manni war aufgeregt. Jetzt wurde es ernst. Würde er es schaffen? Manni hatte schließlich noch nie Eier bemalt. Der Älteste zeigte Manni alles. Er hatte Musterbilder herausgesucht, die es dem Eichhörnchenjungen erleichtern sollten, eigene Bilder zu malen. Manni guckte sich alles an und lauschte aufmerksam den Erklärungen des alten Hasen.
Als der Älteste geendet hatte, machte Manni sich ans Werk. Zuerst betrachtete er die Bilder, die auf dem Arbeitstisch lagen. Sie gefielen ihm sehr und er hoffte, er würde so etwas Schönes hinbekommen. Er sah sich die Pinsel genau an und wählte einen aus. Dann nahm er ein Ei und machte sich konzentriert an die Arbeit. Immer wieder warf er einen Blick auf das Beispielbild, an dem er sich versuchen wollte. Seine Zunge bewegte sich von einem Mundwinkel zum anderen. Es dauerte eine Weile, dann war es geschafft. Vorsichtig legte Manni das fertige Ei ab und wandte sich an Hansi und den Hasenältesten. Gespannt wartete er auf das Urteil des Alten. Dieser ging näher zum Tisch und besah sich Mannis Kunstwerk von allen Seiten. Die Kinder standen nebeneinander und warteten aufgeregt, was er sagen würde. Es dauerte einen Moment. Der Hasenälteste drehte sich um und lächelte Manni zu. „Das ist ein wunderschönes Ei. Ich denke, damit hast du gezeigt, dass du uns beim Ostereieranmalen helfen kannst. Hansi wird dir alles erklären.“
Manni und Hansi fielen sich um den Hals. Sie lachten und jubelten und als sie sich beruhigt hatten, sagte Manni: „Vielen Dank! Ich werde mir viel Mühe geben und versuchen, viele schöne Eier zu malen.“
Der alte Hase schmunzelte und erwiderte: „Das glaube ich dir und jetzt wäre es schön, wenn ihr mir helfen würdet hier aufzuräumen.“
Das machten die Jungs gern und bald sah der Arbeitstisch blitzsauber aus. Hansi und Manni verabschiedeten sich und machten sich auf den Weg zu Hansis Haus.
In den nächsten Tagen waren alle Hasenkinder damit beschäftigt, die gekochten Eier anzumalen. Hansi und Manni waren mittendrin und wetteiferten darum, wer das schönste Ei malte. Dabei hatten sie viel Spaß und es wurden viele wunderschöne Eier gemalt. Alle waren sich einig, dass es eine gute Idee gewesen war, Manni beim Malen mitmachen zu lassen.
Der Hasenälteste, der alles beobachtete, hatte die Idee, einen Wettbewerb zu starten. Aus allen Eiern, die in diesem Jahr bemalt wurden, sollte das Schönste gefunden werden. Der Künstler würde eine kleine Belohnung erhalten. Alle Hasenkinder waren begeistert und malten voller Eifer. Als kein Ein mehr übrig war, wurden die Eier aufgebaut und von einer Jury begutachtet. Die Wahl fiel ihnen nicht leicht. Nachdem die Hasen sich beraten hatten, fiel eine Entscheidung. Der Hasenälteste rief alle zusammen, um den Gewinner zu verkünden. Er stellte sich neben den Eiertisch und sagte: „Liebe Freunde und liebe Künstler! Nach eingehender Beratung hat die Jury einen Sieger gekürt. Gewonnen hat: Manni, das Eichhörnchen.“
Alle Hasen jubelten und Manni konnte sein Glück kaum fassen. Hansi beglückwünschte seinen Freund. Dieser bekam einen großen Korb voller Nüsse überreicht. Außerdem versprach ihm der Hasenälteste, dass er im nächsten Jahr erneut als Eiermaler ins Hasendorf kommen dürfe.
Am nächsten Tag wurden die Eier versteckt und es kehrte Ruhe ein im Hasendorf.
© Antje Steffen
Christina Telker
Die Waldelfen
Glücklich ließ sich eine kleine Birke vom Frühlingswind streicheln. Sie genoß es, wenn der Wind durch ihre Zweige fuhr und mit den jungen Trieben spielte. Es war der Tag vor dem Osterfest. Jeder im Walde wußte, daß diese Nacht eine besondere war. Nicht nur, daß bei Familie Hase alles in höchster Aufregung war, nein, in dieser Nacht vor dem Osterfest fand jährlich der große Ball der Waldelfen statt. Bei diesem Ball wurden die jungen Elfen ausgeschickt, sich ihren Baum zu wählen. Ihren Baum, in dem sie ein Elfenleben lang wohnten. Bei den Bäumen war die Aufregung groß. Wer würde der Auserwählte sein? Jeder Baum wollte sich in dieser Nacht, von seiner schönsten Seite zeigen. Sahen sie doch alle, in ihrem frischen Frühlingskleid, ganz besonders schön aus. So auch die kleine Birke. Natürlich fand sie, daß sie die Schönste weit und breit sei, denn ein wenig eingebildet war sie schon, in ihrem zartgrünen Kleid. Sah sie nicht aus wie eine Prinzessin? So kam die Nacht, der Mond zeigte sich mit seinem strahlendsten Schein, denn schließlich wollte auch er dabei sein. Nur die Wolken schoben sich ab und zu vor die Sterne, um diese etwas zu necken. Als die Kirchturmuhr aus der Ferne zwölfmal schlug und somit die Mitternacht verkündete, stellten sich, von allen Seiten, die Elfen auf der Waldwiese ein. Wie zarte, wallende Nebel sah es aus, als all die vielen kleinen Elfen sich im Tanze drehten.
Die Natur hielt den Atem an und selbst Familie Lampe hielt für kurze Zeit mit der Arbeit inne und sah dem Treiben zu. Als die Turmuhr einmal schlug, trommelte der Specht zur Baumwahl. Alle jungen Elfen fanden sich in der Mitte der Wiese ein, wo sie die Elfenkönigin nochmals auf die Wichtigkeit dieser Nacht hinwies. „Liebe Jungelfen! Ich weiß, ihr habt euch euren Wald in der letzten Zeit ganz genau angesehen. Ihr habt heute eine Wahl zu treffen, die ein Leben halten soll. Den Baum, den ihr für euch bestimmt, ist für ein Leben lang eure Heimat. Diese Entscheidung ist nicht mehr rückgängig zu machen. Und nun wünsche ich euch einen guten Flug.“
Zielsicher strebten die jungen Elfen dem Baum zu, den sie sich erwählt hatten. Spannend wurde dies Ereignis vom ganzen Wald verfolgt. ‚Wer kommt zu mir‘, dachte die kleine Birke, die immer noch einsam am Wegrand stand. Auf der Lichtung war wieder Ruhe eingekehrt. Nur eine kleine Elfe stand traurig da und konnte noch keinen Entschluß fassen. Wenn sich die anderen Elfen in den letzten Wochen im Walde umsahen, um ihren Baum zu finden, hatte Fedra lieber mit den Tieren des Waldes gespielt. Nun wußte sie nicht wohin. Sachte erhob sie ihre Flügel um sich etwas umzusehen. Da erblickte sie am Wegrand die kleine Birke. „Bist du noch frei?“ erkundigte sich Fedra behutsam. „Ich warte schon auf dich, kleine Elfe! Sicher werden wir uns gut verstehen“, antwortete diese hoch erfreut. So fand auch die letzte Elfe in diesem Jahr ihre Wohnung. Glücklich schlief der Wald in den Ostermorgen hinein. Nur Familie Hase hatte viel zu tun und kam erst am nächsten Abend zur Ruhe.
(c) Christina Telker
Eva Zimmermann
Das ungeschickte Osterhäschen
Die ganze Osterhasenfamilie zog mit einem Bollerwagen in den Wald, um Material für die Nester aufzusammeln, die man bald brauchen würde. Emil, der jüngste Spross der Hasenfamilie, war ganz in seinem Element. Er schleppte die biegsamsten Zweige herbei, das weichste Moos, die duftendsten Gräser. Vor seinem inneren Auge sah er schon die fertigen Werke: wunderschöne, fantasievoll verzierte, kunstvoll gefertigte Osternester, runde, quadratische und ovale. Es juckte ihm in den Fingern, gleich mit der Arbeit anzufangen und er freute sich auf den nächsten Tag, an dem er endlich ein vollwertiger Osterhase werden sollte!
Ein jeder sah es als selbstverständlich an, dass auch Emil das Eierbemalen erlernen würde. Er selbst war gar nicht erst gefragt worden. So kam es, dass seine Mutter am nächsten Tag, als die gesamte Familie sich zum Arbeiten um den großen Tisch versammelt hatte, ein paar Farbtöpfe vor ihn stellte, ihm einen Pinsel in die eine und ein weißes Hühnerei in die andere Pfote drückte und ihn lächelnd aufforderte: „So, Emil, dann leg mal los!“
Der kleine Hasenjunge, der den anderen Familienmitgliedern schon so oft zugesehen hatte, machte sich gleich mit Feuereifer ans Werk. Er tunkte den Pinsel tief in die rote Farbe. Er hatte Schwierigkeiten, den dünnen Stiel in der Pfote zu halten und – Klecks! Klecks! Klecks! – tropfte die Farbe überall hin, nur nicht auf das Ei. „Macht nichts“, dachte sich Emil, „dann nehme ich eben die blaue Farbe!“ Er tauchte einen sauberen Pinsel ganz vorsichtig nur mit der Spitze in den Farbtopf und konzentrierte sich so darauf keine Kleckse zu machen, dass er dabei ganz die andere Pfote vergaß, die das Ei hielt. Schon war es ihm hinausgerutscht, fiel auf den Tisch und – knacks! – die Schale war zerbrochen. „Oh, was war das denn?“, fragte sich der kleine Hase erstaunt. Seine Geschwister verdrehten die Augen und kicherten heimlich über den kleinen Tollpatsch. Sie hatten alle von Anfang an wunderschöne Ostereier fabriziert und nicht ein Kleckschen war auf dem Tisch gelandet, von zerbrochenen Eiern gar nicht zu reden. Mutter Osterhase seufzte leise, streichelte ihrem Sohn über die langen Ohren und ermunterte ihn: „Versuch es noch einmal! Das wird schon!“
Diesmal war Emil noch vorsichtiger. Er nahm ein neues Ei aus dem großen, flachen Korb in der Tischmitte und legte es vor sich hin. So konnte er es wenigstens nicht fallen lassen. Er entschied sich jetzt für die grüne Farbe und stupste den Pinsel, der in seiner Pfote zu rutschen begann, mit mehr Schwung auf die Eierschale, als er beabsichtigt hatte. Das war wohl zu heftig, denn das Ei rollte über den ganzen Tisch und landete auf dem Schoß des Vaters, der nun eine grün bekleckerte Hose hatte.
„So geht das nicht“, befand der Vater entnervt und schickte seinen Sohn nach draußen, um ein bisschen in der Sonne herumzuhoppeln. Mit hängenden Ohren verließ Emil die Hasenwerkstatt. Er schämte sich, hatte er doch mit seiner Ungeschicklichkeit seine ganze Familie enttäuscht! Wie konnte er nur beweisen, dass auch er ein richtiger Osterhase war?
Da kam ihm eine Idee …
Die Hasenfamilie steckte die Köpfe zusammen und beriet. So ein ungeschicktes Hasenkind war ihnen noch nie untergekommen! Wie kam es, dass Emil so aus der Art geschlagen war? Wie konnte man aus ihm doch noch einen brauchbaren Osterhasen machen? „Vielleicht“, meinte Ernestine, das älteste Hasenkind, „hat Emil irgendeine Krankheit?“ Aber die Mutter schüttelte energisch den Kopf. „Dr. Löffel hätte das doch bemerkt! Nein, ich denke, Emil ist einfach nur faul und spielt lieber herum!“ Vater Hase widersprach: „Wir haben doch alle gesehen, wie fleißig er gestern im Wald gearbeitet hat! Faul ist er ganz gewiss nicht!“ Einen Augenblick sahen sich alle ratlos an, dann sagte Emils Bruder Enno: „Es könnte doch sein, dass die Pinsel und Eier einfach zu klein für Emil sind!“ Die Mutter nickte nachdenklich: „Er hatte schon bei seiner Geburt auffallend große, kräftige Pfoten! Aber daran können wir leider nichts ändern! Dann kann unser armer Emil als erstes Mitglied dieser Familie kein Osterhase sein!“ Alle seufzten. Der Junge hatte sich doch so darauf gefreut, endlich ein richtiger Osterhase zu werden! „Emil kann noch ein bisschen draußen spielen, da kann er wenigstens hier drin kein Unheil mehr anrichten!“, sagte der Vater schweren Herzens. „Lasst uns derweil weitermalen!“ Alle gingen an ihre Plätze zurück und griffen wieder zu den Pinseln.
Nach einigen Stunden waren nicht nur alle Eier aus dem flachen Korb bemalt, sondern auch die aus drei riesigen Kiepen. Die Hasen und Häschen verschlossen die Farbeimer und reinigten Pinsel und Pfoten. „So“, verkündete die Mutter, „Zeit für eine Möhre und ein Glas Wasser, dann geht es ans Nesterbauen!“ Mona und Rhea zogen lange Gesichter. „Das ist so langweilig! Außerdem ist es eine zu grobe Arbeit für unsere kleinen Pfötchen! Bei uns werden die Nester auch nie rund und glatt, sondern hässlich und struppig!“ Der Hasenvater musste seinen beiden Töchtern im Stillen recht geben. Ihre Nester waren nie sehr schön anzusehen. Aber es half nichts, auch das gehörte zur Arbeit eines Osterhasen.
Als alle sich gestärkt hatten, drängten sie aus der Werkstatt ins Freie und liefen um den Bau herum zum Bollerwagen. Plötzlich blieben sie wie angewurzelt stehen und starrten auf das, was sie da erblickten: Rund um den Wagen standen viele Reihen von wunderschönen, fantasievoll verzierten, kunstvoll gefertigten Osternestern – runde, quadratische und ovale! Daneben saß Emil, der seiner Familie ängstlich-gespannt entgegensah. Wie würden seine Eltern und Geschwister wohl reagieren? Nach einem Moment verblüffter Stille brach ein Jubel aus und alle versuchten gleichzeitig Emil zu umarmen. „Das sind die besten Nester, die wir je hatten!“ – „Emil, du bist ein Künstler!“ – „Wer solche Nester baut, muss gar keine Ostereier bemalen können!“ Alle riefen durcheinander und freuten sich für den Jüngsten der Familie.
Am Ostersonntag in aller Frühe war es Emil, der mithilfe seiner Familie stolz den Bollerwagen von Haus zu Haus zog und die gefüllten Nester in den Gärten versteckte. Es stand eigentlich nur dem Familienvater zu, die Verstecke auszusuchen, aber alle waren einhellig der Meinung gewesen, dass Emil sich die Ehre in diesem Jahr redlich verdient hatte!
(c) Eva Zimmermann
Es war einmal eine Hasenfamilie. Sie wünschte sich so sehr ein kleines Hasenbaby und bereits im Frühjahr war es so weit. Hoppelchen war ein sehr schöner Hasenjunge, in der Sonne schimmerte sein schwarz-weißes Fell in allen Regenbogenfarben. Nie blieb er auf einer Stelle sitzen, er hoppelte ständig hin und her.
Das Osterfest stand vor der Tür und die Haseneltern wussten, dass mit dem Bemalen der Ostereier noch viel Arbeit vor ihnen lag. Doch wohin nur mit diesem quirligen Hoppelchen?
Die Hasenmutter überlegte, wie sie ihren Sohn am besten im Auge behalten konnte und entschloss sich Hoppelchen auf den langen Arbeitstisch, genau vor sich zu setzen. Das ging eine ganze Weile gut, bis ihr aus Versehen ein Ei aus den Pfoten rutschte. Sie bückte sich kurz, während Hoppelchen übermütig Purzelbäume schlug. Er bemerkte das Tischende nicht und was soll ich euch sagen, er fiel kopfüber in den blauen Farbtopf.
Er strampelte wild und schrie um Hilfe. Entsetzt zog die Mutter das blaue Hasenkind aus dem Eimer und rannte sofort zur Wassertonne. Sie schrubbte ihren Liebling ordentlich mit Seife ab, doch die blaue Farbe wollte nicht aus dem Fell verschwinden. Die Eltern überlegten, wie sie Hoppelchen helfen könnten und so kam es, dass der Vater seinem Sohn das Fell abschnitt. Doch oh Graus, sogar Hoppelchens Haut war ganz blau. „Nein“, sagte der Vater, „so können wir uns nicht vor den Bau trauen. Was werden die anderen Hasenfamilien von uns denken? Womöglich, dass wir nicht auf unser Kind aufpassen können?“ Besorgt drückte die Hasenmutter Hoppelchens nackten Körper an ihre kuschelige, warme Brust.
Die Zeit schritt voran und die Hasenfamilie musste die bemalten Ostereier für die Kinder in den Gärten verstecken. Unterwegs begegnete sie anderen Hasenfamilien, die das blaue Hoppelchen entsetzt anstarrten, ja, sie verspotteten es und warfen der armen Mutter vor, nicht richtig auf ihr Kind geachtet zu haben. Der Hasenvater wurde sehr ärgerlich und beschloss mit seiner Familie in eine andere Gegend zu ziehen, fernab, wo es keine Hasen gab. Doch wo befand sich dieser Ort?
Ohne Ziel hoppelten sie an einer Landstraße entlang. Viele Autos fuhren an der kleinen Hasenfamilie vorbei. Plötzlich hielt ein Wagen direkt neben ihnen und ein großer Mann stieg aus. Erstaunt rieb er sich die Augen und sagte leise: „Ja, was ist denn das? Träume ich oder sehe ich wirklich einen blauen Hasen?“ Der erschrockene Hasenvater erwiderte den Gruß und erzählte dem Mann die ganze Geschichte von Hoppelchen und wie er in den Farbtopf gefallen war. „Das ist ja furchtbar!“ sagte Tobias. „Vielleicht kann ich euch helfen, ich arbeite für einen Fernsehsender. Hättet ihr Lust mich dort hinzubegleiten? Ich möchte euch gerne meinem Chef vorstellen. Ihr seid unglaublich und ich wette, noch niemals zuvor hat jemand einen blauen Hasen gesehen!“
Die Hasen beratschlagten einen Moment und willigten ein, denn sie wussten nicht, wohin sie mit ihrem blauen Kind gehen sollten. Tobias hob die drei Hasen auf den Rücksitzt seines Autos und fuhr los. Vater Hoppel war begeistert, wie schnell man mit so einer Blechkiste voran kam. Diese Art zu Reisen war durch nichts zu überbieten. Nach einer guten Stunde hielten sie vor einem hohen Gebäude. Die Hasenfamilie bekam plötzlich Herzklopfen, denn sie waren noch nie in einer so großen Stadt gewesen. Tobias nahm die drei Hasen vorsichtig auf den Arm, lief zum Büro seines Chefs und setzte sie auf dem Schreibtisch ab. Heinz sah in drei Paar verängstigte braune Augen, dann fiel sein Blick auf das blaue Hoppelchen. „Was soll das denn sein, ein außerirdischer Hase oder was?“, fragte er Tobias verärgert.
Tobias, der sehr tierlieb war, nahm all seinen Mut zusammen und antwortete: „So etwas hat die Welt noch nie gesehen und ich dachte, wir könnten eine Kindersendung mit dem blauen Häschen machen.“ Heinz dachte einen Moment nach und stimmte zu. „Es wäre ein Versuch wert, Tobias, aber du musst dich um alles kümmern.“
Schon vom ersten Augenblick an hatte Tobias die drei Hasen ins Herz geschlossen. Im Hof baute er einen prächtigen Stall für sie. Die Nachricht von dem blauen Häschen sprach sich schnell herum und täglich bestaunten viele Besucher das Hasenwunderkind, natürlich brachten sie alle Möhren mit. Das Hoppelchen durfte im Fernsehen auftreten und die Kinder waren von ihm total begeistert. Sie schrieben Briefe an den Fernsehsender und wünschten sich ein blaues Hoppelchen. Als Heinz die Säcke voller Post sah, wusste er, was zu tun war. Er wollte die kleinen Zuschauer nicht enttäuschen und ließ einen blauen Plüschhasen herstellen. Hoppelchen wurde ein ganz großer Star und alle Kinder liebten ihn.
(c) Marena Stumpf
*veröffentlicht in der Anthologie "Blütenduft und Hasenträume" epubli verlag. Hrsg. Inge Escher
Elke Bräunling
Wie ist das mit dem Osterhasen?
Wie ist das mit dem Osterhasen? Das wollen Mia und Max nun genau wissen. Gibt es ihn oder gibt es ihn nicht? Mia und Max kennen ihn nur aus Büchern oder als Schokohase.
„Eigentlich“, meint Max, „kann ich nicht glauben, dass Hasen Eier legen und die auch noch bunt bemalen.“
„Und dass sie mit einem Eierkorb auf dem Rücken durch die Gegend hüpfen, kann ich mir schon dreimal nicht vorstellen“, kichert Mia. Dann wird sie ernst. „Mama und Papa schwindeln uns aber doch nicht an, oder?“
Max schüttelt den Kopf. „Mama sagt, Schwindeln ist gemein.“
„Stimmt.“ Mia denkt nach. Zu gerne würde sie sehen, wie der Osterhase durch den Garten hüpft und Eier in die Nester legt. Aber wie?
„Ich hab eine Idee“, sagt Max. „Wir beobachten am Ostermorgen den Garten. Ganz einfach, oder?“
Mia nickt. „Gute Idee. Irgendwann muss der Osterhase ja kommen.“
Gesagt! Getan! Am Ostermorgen sitzen Mia und Max schon sehr früh am Fenster auf Wachtposten. Es ist noch dunkel draußen und ein bisschen nebelig. Unheimlich sieht der Garten aus, und wie ein Grusel-Nebelgeist streckt der Kirschbaum seine Äste in die Luft.
„Also jetzt“, meint Mia, „möchte ich nicht im Garten sein.“
„Da hinten wird´s schon hell“, beruhigt sie Max. „Vorher kommt der Osterhase sowieso nicht. Oder, glaubst du, der tappt im Dunkeln herum?“
„Nööö“, meint Mia.
Dann beobachten die beiden aufmerksam den Garten, und vor lauter Hinausstarren legt sich ihnen der Nebel wie ein Schleier über die müden Augen.
Da, plötzlich, raschelt es beim Haselstrauch!
Mia schreckt hoch. „D-daaa!“, ruft sie. „D-der Osterhase!“
„Der Osterhase?“ Schnell reißt Max die Augen auf. „Toll! Wir haben ihn.“
Komisch. Taghell ist es draußen, und die Sonne scheint.
Mia und Max wundern sich. Gerade war es doch noch so grausig finster und nebelig!? Oder haben sie die Zeit verschlafen? Aufgeregt starren die beiden zum Haselstrauch hinüber, wo der ´Osterhase´ gerade seine Eier versteckt.
„Er ist es!“, ruft Mia. „Ganz bestimmt. Juchhu!“
Da taucht der ´Osterhase´ auch schon hinter den Büschen auf. Er macht „miau“ und kommt zu ihnen herüber stolziert.
„Das ist ja bloß Felix!“ Enttäuscht starren Mia und Max Kater Felix an, der erwartungsvoll zu ihnen herauf blickt.
„Hast du den Osterhasen gesehen?“, fragt Mia.
Felix aber scheint sich nichts aus Osterhasen zu machen. Er maunzt und marschiert mit hoch erhobenem Schwanz weiter.
„Und wo ist der echte Osterhase?“, fragt Mia enttäuscht.
„Vielleicht kommt er ja noch“, meint Max. Im gleichen Augenblick sieht er etwas im Gras silbern blinken. „Ein Osterei“, ruft er. „Ich glaube, der Osterhase war schon da!“
„Aber ja“, ruft Papa fröhlich von der Terrasse herüber. „Frohe Ostern, ihr Langschläfer!“
„Frohe Ostern“, rufen Mia und Max kleinlaut zurück.
Hatten sie ihn also verpasst, den Osterhasen. So ein Pech! Nächstes Jahr aber würde er ihnen nicht mehr entkommen. Wie die Luchse würden sie aufpassen. Und einschlafen würden sie auch nicht wieder. Logo!
© Elke Bräunling
Gisela Brix
Wie die Fliegenpilze ihre roten Hüte bekamen
Kaum jemand weiß, dass die Fliegenpilze eigentlich etwas mit den Osterhasen zu tun haben. Denn das ist eine alte Geschichte.
Alle kleinen Hasen gehen jeden Tag in die Hasenschule und wenn einer von ihnen ganz besonders klug ist, dann kann er eine Lehre als Osterhase machen und später sogar ein Osterhasen-Meister werden. Und von einem dieser Osterhasen handelt die Geschichte.
Vor langer Zeit - es war in den Wochen vor Ostern - mischten alle Osterhasen bunte Farben und malten die Ostereier an. Als die Eier fertig waren und nur noch versteckt werden mussten, bemerkte ein kleiner Osterhase, dass in seinem Eimer noch ein wenig leuchtend rote Farbe war. Bis zum nächsten Jahr konnte er sie nicht aufheben und wegwerfen wollte er sie auch nicht - dazu war sie zu schön.
Er dachte nach, was er mit der roten Farbe machen könnte und ging dabei am Waldrand immer auf und ab und ab und auf. Plötzlich sah er zwischen den abgefallenen Blättern einen großen braunen Pilz vom letzten Herbst liegen und hatte eine Idee.
Er nahm seinen Pinsel, tauchte ihn in den Farbeimer und malte den großen braunen Pilzhut mit dem Rest der roten Farbe an. Dann stellte er den roten Pilz unter einen Weidenstrauch und freute sich, wie schön er aussah. Und während er sich freute, fielen von dem Weidenstrauch kleine weiße Flöckchen auf den roten Hut des Pilzes und machten ihn so hübsch, dass der Osterhase vor Freude lachte.
Plötzlich hörte er Stimmen und sah die anderen Osterhasen näherkommen. Und weil er ein etwas schüchterner Osterhase war, deckte er den roten Pilz schnell mit einigen Blättern zu.
Als dann der Herbst kam und die Osterhasen in den Wald gingen, um Gräser und Beeren für den Winter zu sammeln, hörten sie die aufgeregten Rufe eines älteren Osterhasen. Schnell liefen alle zum Waldrand und sahen staunend zwischen den Blättern den Hut eines Pilzes rot leuchten.
Der ältere Osterhase sagte: „So einen wunderschönen Pilz habe ich noch nie gesehen! Wie hübsch er ist mit den weißen Tupfen auf seinem roten Hut!“ Niemand konnte sich denken, wo dieser Pilz hergekommen war, selbst nicht die ganz alten Osterhasen, die doch schon viel erlebt und gesehen hatten.
Nach einer Weile sagte der schüchterne kleine Hase: „Ich habe im Frühling diesen Pilz mit einem Rest von der Ostereierfarbe angemalt und ihn dann versteckt.“ Die anderen Osterhasen hörten ihm zu, sahen einander an und dann sagte der älteste aller Osterhasen: „Das ist eine gute Idee. Wie schön ist es doch, wenn im Herbst so ein roter Pilz alle Menschen an den Frühling und die bunten Ostereier erinnert. Wir wollen es von nun an in jedem Jahr so machen.“
Seit dieser Zeit färben alle Osterhasen im Frühling nicht nur die Ostereier, sondern malen auch die Pilze vom letzten Herbst mit roter Farbe an. Sie streuen einige Weidenkätzchen darüber und verstecken die bunten Pilze unter abgefallenen Blättern.
Wenn dann im Herbst der Wind die Blätter fortweht, kann jeder die roten Pilze mit den weiß getupften Hüten sehen und sich darüber freuen. Man sollte sie aber nur angucken und nicht anfassen, denn sie sind giftig.
Und weil der Osterhase, der vor langer Zeit den ersten Pilz rot anmalte, den Namen „Fliege“ hatte, nannte man diese Pilze zuerst „Flieges Pilze“. Später wurde dann „Fliegenpilz“ daraus.
Und so kann etwas Schönes entstehen, wenn man eine gute Idee hat und dann so mutig ist und etwas tut, was sonst niemand tun würde.
(c) Gisela Brix
Aus dem Buch „Kalle mit der grünen Mütze“, Altius-Verlag
*mit freundlicher Genehmigung der Autorin Gisela Brix
Aus dem Buch „Kalle mit der grünen Mütze“, Altius-Verlag
Barbara Pronnet
Frau und Herr Igel bereichern das Osterfest
Es war einmal ein verliebtes Igelpaar das glücklich durch die zarte Frühlingswelt trippelte. Alles grünte und blühte und sie schauten sich treu in die schwarzen Äuglein und freuten sich des Lebens. Die warme Luft machte alle Tiere taumelig. Schmetterlinge flatterten um die Wette, die Vögel jubilierten sich Hochzeitsgesänge zu. Es war eine einzige Wonne
Eines Morgens wollten die beiden Igel ihren Nachbarn den Hasen besuchen. Er war die letzten Wochen etwas sonderbar, grüßte nur kurz mit seinem Näschen und machte insgesamt einen gestressten Eindruck.
Das geht ja gar nicht, meinten sie und als sie vor dem Bau des Hasen standen war der schon wieder nicht zu Hause.
„Also wirklich, schon in der Früh so eine Hektik, wo steckt er nur schon wieder““
Das kleine Igelmädchen schnupperte in die dunkle Höhle.
„Lass ihn, wir kommen später noch mal vorbei“ meinte ihr Liebster und sie wollten gerade aufbrechen als der Hase angehoppelt kam.
„Hallo Nachbar, alles klar?“ lachten sie fröhlich.
„Ist es nicht herrlich heute?“ Herr Igel strahlte den Hasen freudig an.
„Es ist eine wunderschöne Zeit, das stimmt und ihr alle könnt sie nach Herzenslust genießen. Aber leider nicht für uns Hasen und Hühner. In drei Tagen ist Ostern und ich weiß nicht mehr wo mir die Löffel stehen. Unsere Geschenke für die Kinder hier in der Umgebung müssen noch fertig gelegt und bemalt werden. Alle sind im Ausnahmezustand. Tut mir leid Kinder, aber ich würde euch gerne einspannen aber ihr nutzt uns leider gar nichts und deshalb bis nach Ostern.
Macht’s gut“ und schnell war er in seine Höhle gehuscht, sprang schon wieder raus und weg war er. Hektik macht eben vergesslich.
Das Igelpärchen konnte gar nicht so schnell denken wie der Hase sprach.
„Ach, Ostern, ja das ist natürlich eine harte Zeit für Hasen. Haben wir zwei ganz vergessen, nicht war meine Süße“ Der Igelmann gab seiner Gattin einen kleinen Stups auf die Nase. „ Dann gehen wir wieder nach Hause, komm“.
„Schade, dass wir ihm nicht helfen können, er braucht sicher jede helfende Pfote“ Die kleine Igelfrau dachte nach.
„Lass uns doch mal in die Hasenfabrik schauen, ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nicht doch etwas helfen können. Ich hab ein schlechtes Gewissen so in den Tag hinein zu leben und andere müssen sich abrackern. „
„Du bist eine gute Seele, genau so machen wir es.“ nickte ihre bessere Hälfte.
Die beiden wackelten durch das grüne, saftige Gras Richtung Hasenfabrik.
Auf dem Weg fanden sie einen prächtig blühenden Strauch mit Weidenkätzchen.
Sie wollten ein paar Zweige als kleines Naschmitbringsel für die fleißigen Häschen mitnehmen. Frau Igel legte sie auf die Stacheln von Herr Igel, dann konnten sie diese bequem transportieren und sie würden nicht runterfallen.
Die Hasenfabrik war ein kleiner vergessener Stall mitten im Wald. Das ganze Jahr stand die Hütte einsam und verlassen da, aber jetzt tobte kurz vor Ostern das pralle Arbeitsleben. Hühner aus umlegenden Höfen kamen zum Eierlegen, Hasen mit besonders ruhigen Pfoten hoben die Eier vorsichtig mit einem riesigen Schöpfer in einen großen Kessel mit kochendem Wasser. Dann kamen die Künstler mit viel bunter Farbe und bemalten die Eier für das Osternest.
Jeder hatte seine Aufgabe und ein älterer Hase gab die Anweisungen.
Als die beiden Igel durch die Tür marschierten hörten sie diesen schon pausenlos in die Menge rufen.
„Vorsicht, die Eier sachte ins Wasser legen, passt auf.“
„Hier noch mehr Farbe auf die Eier“
War das ein Gewimmel und Gewusel. Unser Igelpaar konnte sich gar nicht einkriegen vor lauter Erfurcht. Hier wurde gerade Ostern hergestellt.
Sie sahen aber auch die Freude und Erfurcht in den Gesichtern der vielen Fleißigen.
Das Osterfest war allen heilig, keine Frage.
Der Hase auf dem Podest sah die beiden zuerst. Das Igelpaar hatte die Stacheln vor lauter Begeisterung aufgestellt und ihre Spitzen ragten gefährlich in die Höhe.
Auch das noch, dachte der Aufpasser und sah auch schon ein kleinen ungeschickten Hasen der drei frisch gelegte Eier Richtung Wasserkessel trug und die Igel nicht sehen konnte.
„Vorsicht“ schrie er, aber es war schon zu spät.
Der Hase stolperte über Herrn Igel und ließ die Eier auf Frau Igels Stacheln fallen.
Die Eier blieben auf den Stacheln von der Igeldame stecken und unten floss frisches Eigelb heraus. Frau Igel rollte sich gleich wie eine Kugel zusammen.
Die ganze Ostermannschaft ließ ihre Arbeit liegen und im Stall war es plötzlich muckmäuschenstill.
„Um Himmels Willen, das tut uns wirklich leid, wir wollten euch doch helfen kommen“ jammerte der Igelmann und alle schauten entsetzt auf Frau Igel die sich langsam wieder auseinanderzog und mit ihren aufgespießten Eiern sehr seltsam aussah.
Unser Igelpaar war sehr zerknirscht. Kaum waren sie eingetroffen, verursachten sie schon das totale Chaos.
„Die Eier sind futsch, da ist nichts zu machen. Ihr zwei seid mit euren Stacheln keine Hilfe. Am besten ihr geht wieder. Danke für das Angebot“ sagte der Oberhase bestimmend und sein Blick war nicht gerade freundlich.
Ein kreativer Hase aus der Malertruppe hoppelte zu den Igeln. Er hatte eine Schiefermütze auf und in seinem Ledergürtel steckten viele Pinsel. Er war der Meister der Ostereierbemalung. Sein Kennerblick schweifte über die Komposition der Eier auf den Stacheln der Igelfrau.
„Mir kommt da eine Idee. Die Eier sind ausgelaufen aber wie es mir scheint noch heil. Wir könnten versuchen nicht nur hartgekochte Eier anzubieten, sondern die Eier vorsichtig aufzustechen, ausfließen lassen und dann bemalen. Da könnten uns die Spitzen der Stacheln durchaus nützlich sein“
Er sah auf die Weidenkätzchen die Herr Igel immer noch in seinen Stacheln stecken hatte.
„Die Eier könnten wir dann mit Bändchen auf die Weidenkätzchen hängen.
Ja durchaus, ein neuer Gedanke beginnt bei mir zu reifen.“ rief er entzückt.
„Hört sich nicht schlecht an, wir könnten es versuchen, vielleicht sind die Stacheln dazu sogar von Nutzen. Vielleicht habt ihr beide gerade zu einem neuen Osterbrauch beigetragen“ Der Oberhase schaute schon wieder freundlicher auf unser Igelpaar, die eigentlich schon wieder nicht verstanden, um was es eigentlich ging.
„Wir beratschlagen die neue Idee. Besprechung in Kürze“ rief der Oberhase der Mannschaft zu und schon gingen er und der Malermeister in ihr Büro und steckten ihre Löffel zusammen.
Herr und Frau Igel wurden somit ein fester Bestandteil bei den Ostervorbereitungen, denn sie hatten zu einer revolutionären Idee beigetragen, das Osterfest noch schöner zu gestalten.
Welch schönes Missgeschick. Frohe Ostern
(c) Barbara Pronnet
Hansi Hase ist aufgeregt. Im Hasendorf laufen die Vorbereitungen für das Osterfest. Er war mit den anderen Hasenkindern bei den Hühnern gewesen, um die Eier abzuholen. Jetzt ist es Zeit, diese zu bemalen.
Hansi möchte, dass seine Eier besonders schön werden. Vor allem das Ei, das er für den Malwettbewerb bemalen will. Schon seit einiger Zeit übt er fleißig Malen und Zeichnen. Dafür hat er sich das dicke Buch aus der Bücherei geholt, in dem die schönsten Ostereier abgebildet sind.
Auch heute will Hansi wieder malen, denn der Wettbewerb steht vor der Tür. Gemeinsam mit Manni, dem Eichhörnchen, sitzt er am Tisch und blättert im Buch. Manni und Hansi sind die besten Freunde. Und, weil Manni so toll malen kann, darf er helfen, die Ostereier zu bemalen. Die Freunde sehen alle Bilder an.
Hansi entscheidet sich für ein Bild mit einer bunten Blumenwiese. Die ist gar nicht einfach zu malen, denn die Blumen sollen alle echt aussehen.
Manni wiegt bedenklich den Kopf hin und her.
„Ich weiß nicht. Guck dir mal diese Blüte an. Das sieht echt schwer aus.“
Hansi betrachtet die Blume. Manni hat Recht. Leicht wird das nicht. Versuchen möchte er es auf jeden Fall.
„Wenn ich es nicht schaffe, such ich mir etwas anderes. Aber diese Blumen sind toll.“
Manni nickt.
„Stimmt! Schön sind sie. Ich glaube, ich male ein Eichhörnchen.“
Hansi grinst. Er weiß, dass sein Freund das hinbekommt. Er bewundert Manni, weil dieser so schön malen kann. Die zwei suchen sich ihre Farben aus, dann fangen sie an. Ganz konzentriert malt Hansi eine Blume nach der anderen. Immer wieder vergleicht er sein Bild mit dem Buch. Puh! Ist das schwer! Aber aufgeben will er auf keinen Fall.
Auch Manni ist ganz vertieft in sein Bild. Man kann schon erkennen, was es werden soll.
Nach einer Weile legt Manni den Pinsel beiseite. Zufrieden betrachtet er sein Werk. Dann schaut er, was Hansi gemalt hat.
Hansi ist fast fertig. Die schwerste Blume hat er sich für zuletzt aufgehoben. Vor lauter Konzentration flitzt seine Zunge zwischen den Lippen hin und her und seine Nase zuckt.
Endlich legt Hansi den Pinsel weg. Er sieht zu Manni. Was wird sein Freund sagen? Gefällt ihm die Blumenwiese?
Manni betrachtet Hansi Bild genau. Die Blumen sind wunderschön.
„Klasse! Du hast alle Blumen gemalt wie echt. Mit dem Ei gewinnst du bestimmt beim Wettbewerb.“
Hansis Ohren glühen vor Stolz.
„Meinst du wirklich?
Ob er mit seinem Ei den Wettbewerb gewinnen kann?
Manni nickt eifrig.
„Klar, dein Ei ist das Schönste.“
Hansi betrachtet sein Bild noch einmal genau. Es wäre schön, den Wettbewerb zu gewinnen. Dieser findet jedes Jahr statt und alle Hasenkinder beteiligen sich daran, sobald sie Eier bemalen dürfen.
Vorsichtig packen die zwei ihre Eier ein, um sie zum Dorfhaus zu bringen. Hier werden sie ausgestellt und am nächsten Tag bestimmt eine Jury den Gewinner.
Am nächsten Morgen macht er sich mit Manni auf den Weg zum Dorfhaus. Dort müssen sie eine Weile warten. Die Jury betrachtet alle Eier genau. Danach vergibt jeder seine Punkte. Am Ende wird ausgezählt und der Dorfälteste verkündet das Ergebnis.
„Meine lieben Freunde. Die Entscheidung ist sehr eindeutig ausgefallen. Ein Ei ist besonders schön. Es wurde bemalt von unserem Hansi. Herzlichen Glückwunsch, lieber Hansi, zu deiner Blumenwiese.“
Alle applaudieren. Hansi hat tatsächlich gewonnen. Er stößt einen Freudenschrei aus. Manni lacht und sagt: „Ich habe es ja gleich gewusst!“
Nachdem Hansi seinen Preis entgegengenommen hat, laufen die Jungs fröhlich los und gehen spielen.
© Antje Steffen
Erschienen in der Anthologie „Wie aus dem Ei gepellt, Band 4“, Papierfresserchens MTM-Verlag
Kennt Ihr Pinselchen? Nein? Pinselchen ist ein kleiner Hasenjunge der mit seinem Schwänzchen das Osterfest rettete. Es kommt also gar nicht darauf an, immer genau so zu sein wie die anderen, sondern darauf, zur rechten Zeit, die rettende Idee zu haben. Na dann hört einmal gut zu, was sich im Hasenreich zutrug.
Milde schien die Frühlingssonne ins Land. Mutter Langohr sonnte sich in der Nähe ihrer Sasse. Vor wenigen Tagen hatte sie fünf kleine Häschen zur Welt gebracht. So winzig waren sie noch, ihre Augen konnten noch nicht das Licht der Sonne sehen. Als die Häsin sich ihre Kinder betrachtete war sie stolz auf ihre fünf. ‚Was habe ich nur für schöne Kinder!‘, dachte sie bei sich. Nur bei einem, der Kleinen, gefiel ihr das Schwänzchen nicht. Vier ihrer Kinder hatten eine prächtige Blume. Bei dem Gescheckten sah diese jedoch eher wie ein Pinsel aus. Lang, spitz und gleichzeitig ein wenig wuschelig. ‚Dich werden die anderen später auslachen, wenn sie größer sind‘, dachte sie traurig. Ändern konnte sie trotz ihrer Liebe zu dem Kleinen nichts daran. Wuschel, Krümel, Fleckchen, Spitzohr und Weißpfötchen nannte Frau Hase ihre Kinder. Jeden Tag wuchsen die Häschen ein kleines Stück. Ihre Augen hatten sich nun bereits geöffnet, so daß sie ihre Umgebung erkunden konnten. Wie kleine Wirbelwinde tollten sie im grünen Gras umher.
Schon nahte der nächste Frühling, auf den die Hasenmutter sie schon langevorbereitet hatte. „In diesem Jahr kommt ihr in die Schule“, sagte sie oft.
Voller Spannung warteten die Hasenkinder auf den Tag, an dem sie Osterhasen werden sollten. Sie übten sich im Erstellen und Mixen der Farben und freuten sich, wenn sie einen besonders schönen Farbton hervorgezaubert hatten. Die Zeit des Übens ging schnell vorüber.
Am nächsten Morgen sollten sie richtige Ostereier bemalen, hatte der Hasenlehrer angekündigt. Die kleinen Hasen konnten vor Aufregung kaum schlafen. An diesem besonderen Tag kam kein Hase zu spät in die Schule. Kein noch so leckeres Kohlblatt konnte die Häschen aufhalten, auf dem Weg zur Schule. Jeder wollte am Abend das schönste Ei bemalt haben. In der Nacht hatten sie sich besonders lustige Muster ausgedacht. Brav saßen sie auf ihren Bänken, als der Lehrer erschien. Traurig blickte seine Miene, als er den Hasenkindern mitteilte: „Ostern fällt in diesem Jahr aus!“ „Warum, weshalb, wieso?“, riefen alle Häschen durcheinander. „Uns sind heute nacht alle Pinsel gestohlen worden“, erklärte der Lehrer. „Wie sollen wir die Eier bemalen, ohne Pinsel?“ Stille herrschte in der Hasenklasse, als eins der Häschen aufstand. „Ich kann ohne Pinsel malen, nur mit meinem Schwänzchen“, bot sich Fleckchen an. Staunend sahen alle anderen auf den kleinen Hasen. Bisher war ihnen gar nicht aufgefallen, daß Fleckchen eine andere Schwanzform hatte als sie. „Wie stellst du dir das vor?“, wollte nun der Hasenlehrer wissen. Mein Schwänzchen kann malen wie ein Pinsel“, antwortete bescheiden der kleine Hase. Es war ihm peinlich, daß alle anderen Hasen jetzt zu ihm rüber schauten. „Wenn du meinst, werden wir es versuchen“, erklärte sich der Lehrer einverstanden. Nun wurden die Aufgaben verteilt. Einige Häschen sorgten für den Transport der Eier, andere stellten die verschiedenen Farben bereit und Fleckchen malte, malte und malte. Immer wieder tauchte er seine Schwanzspitze in die jeweilige Farbe und dann fuhr er blitzschnell damit über die Eier. Zum Schluß, als er alle bemalt hatte, hüpfte er von Ei zu Ein und versah sie mit bunten Punkten. Matt und erschöpft, aber gleichzeitig glücklich, das Osterfest gerettet zu haben, saß Fleckchen am Ende des Tages auf der Wiese. Fröhlich umtanzten ihn seine Freunde und sangen:
Fleckchen färbt die Eier bunt,
habt ihr das gesehen?
Morgen werden sie versteckt
woll’n zu Kindern gehen.
Vom Rande der Wiese her ertönte eine wütende Stimme: „Haben es die Hasen doch geschafft und ich dachte, wenn ich die Pinsel verstecke, fällt Ostern aus!“ „Tja, Meister Reinecke, wieder Pech gehabt! Ostern findet statt, und zwar morgen! Alle unsere Eier sind wunderschön bemalt, dank unseres Pinselchens“, freute sich der Hasenlehrer. Von nun an wurde Fleckchen nur noch Pinselchen gerufen. Dieser Name war ihm immer eine Auszeichnung.
(c) Christina Telker
Paul schlug drei Purzelbäume hintereinander, so froh war er, nach den langen Wintermonaten endlich die warme Sonne auf seinem Fellchen zu spüren, die Frühlingsblumen zu riechen und frei über die Wiese springen zu können, ohne ständig an die Wände der beengenden Höhle zu stoßen.
Er hopste und sprang ausgelassen herum und entfernte sich dabei immer weiter von seinem Heim. Plötzlich setzte ein Zaun seinem Treiben ein Ende. Erstaunt hielt Paul inne, denn den Zaun hatte er noch nie bemerkt. Er stellte erschrocken fest, dass er sich viel weiter in die Welt hinausgewagt hatte, als seine Eltern es guthießen. Eigentlich durfte er die Wiese unmittelbar vor der Hasenhöhle nicht
verlassen.
Da es nun aber einmal geschehen war, sah er sich neugierig um. Im Zaun gab es einige Lücken, durch die er leicht hindurchschlüpfen konnte. Auf der anderen Seite der hölzernen Latten roch es verführerisch nach seinen Lieblingskräutern, über die er sich gleich heißhungrig hermachte. Mitten im schönsten Fressen aber erstarrte er. Er hatte Stimmen gehört, menschliche Stimmen. Paul blieb
vollkommen reglos sitzen und versuchte, auch seine langen Ohren nicht zu bewegen. Da waren sie: ein Junge und ein Mädchen. Das Mädchen entdeckte Paul sofort und zupfte den Jungen am Ärmel: „Sieh doch mal, Justus, der Osterhase!“ Der Junge erblickte nun auch die ins Gras geduckte Fellkugel, aber er lachte das Mädchen trotzdem aus: „Klara, du Dummerchen, es gibt doch gar keine Osterhasen!“ Paul konnte erkennen, dass das Mädchen ärgerlich wurde.
Es stampfte mit dem Fuß auf und sagte: „Gibt es doch! Denk doch nur an all die Eier, die er im letzten Jahr hier im Garten versteckt hat!“ Justus grinste und meinte herablassend: „Die Eier haben doch unsere Eltern versteckt! Und die anderen Geschenke auch! Oder glaubst du etwa, dass ein kleiner Hase wie der da das alles schleppen könnte? Und sicher weiß so ein einfältiges Tier nicht mal, was ein iPod ist! Das ist nämlich diesmal mein Osterwunsch!“
Damit drehte sich Justus um und ging ins Haus zurück. Das Mädchen aber machte vorsichtig ein paar Zehenspitzenschritte auf Paul zu. „Und du bist doch der Osterhase, stimmt’s?“, flüsterte es. Paul schwirrte der Kopf. Was um alles in der Welt war denn ein Osterhase? Wie sollte er wissen, ob er einer war? Und warum wollte Justus einen Ei-Pott haben? Verwirrt zwinkerte der kleine Hase mit den Augen. Klara fasste das als Zustimmung auf und jubelte: „Ich habe es gewusst! Ich habe es gewusst! Mein doofer Bruder hat ja keine Ahnung! Aber du bringst ihm doch trotzdem seinen iPod, auch wenn er nicht an dich glaubt, ja?“
Paul verstand überhaupt nicht, was das Kind von ihm wollte und trat daher vorsichtshalber die Flucht zurück durch den Zaun an. Er hoppelte auf dem schnellsten Wege wieder nach Hause.
Seine Mutter war gerade dabei, die Wäsche aufzuhängen. „Mama“, rief Paul ganz atemlos schon von Weitem, „Mama, was ist denn ein Osterhase? Bin ich einer?“
Die Mutter ließ das nasse Wäschestück, das sie gerade aufhängen wollte, wieder in den Korb fallen. Sie sah ihren aufgeregt hopsenden Sohn nachdenklich an und sagte dann: „Ein Osterhase … Wie sollst du auch wissen, was das ist! Eigentlich sind wir alle Osterhasen, aber wir haben unseren Beruf schon längst aufgegeben!
Komm mal mit in den Schuppen, ich glaube, da sind noch ein paar alte Sachen von früher!“
Im Schuppen musste die Mutter erst ein paar Gartengeräte aus dem Weg räumen, aber dann fand sie das Gesuchte. „Sieh mal, das waren früher, als wir den Kindern noch bunte Ostereier brachten, unsere Werkzeuge: der alte Pott,um die Hühnereier zu kochen, Pinsel, Farben, unsere Kiepen, in denen wir die Eier getragen haben …“
Die Mutter bekam sehnsüchtige Augen, als sie Paul erzählte, was so ein richtiger Osterhase alles zu tun hatte. „Aber warum machen wir das denn nicht mehr? Die Kinder warten doch immer noch drauf und freuen sich auf den Osterhasen!“, warf Paul ein. „Ach“, seufzte die Hasenmutter traurig, „die Kinder wollten immer größere Geschenke haben.
Eier waren ihnen nicht mehr genug. Und als dann die Eltern anfingen, diese Geschenke zu kaufen und selbst zusammen mit ein paar Eiern im Garten zu verstecken, wurden wir nicht mehr benötigt und die Kinder glaubten allmählich nicht mehr an uns Osterhasen.“ Paul sah, dass seine Mutter am liebsten sofort wieder zum Pinsel gegriffen hätte. Sie war eben eine echte Osterhäsin und ohne das Eierbemalen fehlte ihr etwas. Der Hasenjunge legte tröstend den Arm um sie und sagte: „Weißt du, Mama, ich bin heute ein bisschen zu weit gehoppelt. Ich habe es gar nicht gemerkt, und plötzlich stand ich an einem Gartenzaun. Ein kleines Menschenmädchen hat mich gesehen und gefragt, ob ich der Osterhase bin. Klara glaubt an uns! Und sie rechnet fest damit, dass wir ihr Eier bringen! Lass uns gleich mit der Arbeit anfangen! Bitte! Zeigst du mir, wie es geht?“
Er sah, dass es in den Augen seiner Mutter fröhlich blitzte. „Hol Papa und deine Geschwister!“, rief sie, ohne weiter an ihre nasse Wäsche zu denken.
Als alle herbeigetrommelt waren, setzte jeder eine Kiepe auf und gemeinsam hoppelten sie zum Hühnerhof. Da staunten die Hennen aber, als sie die Hasenfamilie sahen! Die dicke Clothilde gackerte erfreut: „Ihr wollt wieder Eier färben? Das ist ja eine gute Neuigkeit! Dann werden wir mal gleich ein paar zusätzliche Eier legen!“
Es dauerte nicht lange, und alle Kiepen waren mit wunderbaren weißen Eiern gefüllt. Vorsichtig machte die Hasenfamilie sich auf den Rückweg. Paul war stolz darauf, dass es ihm als einzigem der Hasenkinder gelungen war, unterwegs auch nicht ein Ei zu zerbrechen.
Vater machte draußen ein Feuer, die beiden ältesten Geschwister holten Wasser und dann begann das Eierkochen. „Leg ganz vorsichtig ein Ei nach dem anderen in den Wasserpott“, sagte die Mutter zu Paul. Der richtete sofort aufmerksam die langen Ohren auf. Was hatte Mama da eben gesagt? Ei? Pott? Ei-Pott? War das etwa das Ostergeschenk, auf das Justus wartete? Paul hatte zwar keine Ahnung, was der Menschenjunge mit einem alten, verbeulten Pott anfangen wollte, aber er hatte es doch ganz deutlich zu Klara gesagt, nicht?
„Mama, Papa, was ist ein Ei-Pott?“, fragte er zur Vorsicht nach. Beide Eltern zeigten auf den brodelnden Wassertopf. Also stimmte es!
„Justus, der Menschenjunge hinter dem Zaun, wünscht sich nämlich einen zu Ostern“, erklärte Paul seiner staunenden Familie. Alle fragten sich, warum der Junge ausgerechnet ihren alten Kochtopf haben wollte, aber wenn es sein Herzenswunsch war, warum nicht?
So kam es, dass die ganze Hasenfamilie mit Paul an der Spitze am Ostersonntag in aller Frühe loszog. Paul trug in seiner Kiepe selbstbemalte Eier für Klara und einige Lagen Moos. Seine Eltern schleppten den Ei-Pott zwischen sich und die restlichen Kinder waren beladen mit Schokoladenhasen und Zuckereiern.
Paul schlüpfte als erster durch den Zaun. Er formte aus Moos ein Nest und legte die Eier aus seiner Kiepe hinein. Die anderen hatten inzwischen mit vereinten Kräften den Pott über den Zaun gehievt und neben das Moosnest gestellt. Auch der Ei-Pott wurde nun weich mit Grünzeug ausgepolstert und mit Osterschleckereien gefüllt. Gerade, als sie fertig waren, öffnete sich die Terrassentür des Hauses und ein Mann trat heraus. Verblüfft blickte er auf die kleine Hasenversammlung und rief: „Osterhasen! Es gibt euch also doch!“
Die Hasenfamilie trat erschrocken die Flucht durch den Zaun an, nur Paul blieb furchtlos sitzen. Er sah dem Mann entgegen, der langsam auf ihn zukam. „Das alles habt ihr Hasen gebracht?“ Paul nickte stolz. Der Mensch sah sich das Nest an und betastete dann den Topf. „Warum denn einen alten Topf?“, fragte er.
Paul erklärte: „Justus wollte doch einen Ei-Pott zu Ostern haben! Also haben wir ihm unseren Eierkochtopf mitgebracht!“ Dann erzählte er Justus‘ Vater die ganze Geschichte – von dem Gespräch der beiden Kinder, das er gehört hatte; davon, dass Klara ihn extra an den Ei-Pott für ihren Bruder erinnert hatte; dass Paul bis dahin gar nicht gewusst hatte, dass er ein Osterhase war; vom Grund
seiner Eltern, keine Eier mehr zu verstecken; und dass es Klara zu verdanken war, dass die ganze Familie in diesem Jahr doch wieder zum Pinsel gegriffen hatte.
Der Mann hatte aufmerksam zugehört. An der Stelle mit dem Ei-Pott hatte er aus irgendeinem Grunde ein Lachen unterdrückt, aber als Paul davon erzählte, warum die Osterhasen lange Jahre keine Eier mehr gebracht hatten, wurde sein Gesicht traurig. Schließlich sagte er: „Wenn ich das alles nur gewusst hätte! Ich war, ehrlich gesagt, auch davon überzeugt, dass es gar keine Osterhasen gibt. Weißt du was, von jetzt an überlasse ich euch Hasen wieder das Eierverstecken! Und in Zukunft gibt es auch keine besonderen Geschenke für die Kinder mehr, denn das nimmt sowieso Überhand. Außer in diesem Jahr, da gibt es ja den Ei-Pott. Allerdings wollt ihr den sicher wieder zurückhaben zum Eierkochen, nicht? Ich glaube, ich hänge ihn kurz vor dem nächsten Osterfest an den Gartenzaun, dann könnt ihr ihn euch abholen. Einverstanden?“
Paul nickte zufrieden und der Rest seiner Familie, die außerhalb des sicheren Zaunes saß und alles mitgehört hatte, klatschte Beifall. Keiner der Hasen freute sich mehr über diese gute Wende als Pauls Mutter, die sehr, sehr stolz auf ihren Sohn war!
© Eva Zimmermann
veröffentlicht in der Anthologie "Blütenduft und Hasenträume", Hrsg. Inge Escher
Elke Bräunling
Hilfe für Pips, das Hasenkind
Zum ersten Mal durfte Pips, das Hasenkind, Ostereier bemalen.
„Hurra!“, rief er und sprang voller Freude auf. „Jetzt bin ich ein richtiger Osterhase.“
Da passierte es: Seine Farbtöpfe kippten um, und die Farben malten einen dicken, regenbogenbunten Streifen auf die Wiese. So ein Pech! Pips schämte sich.
„Ferkel!“, johlten seine älteren Geschwister. „Du bist eben doch noch viel zu klein zum Eierbemalen.“
Die Osterhasenmama aber schimpfte: „Was musst du auch immer so herumzappeln! Am Ende reicht uns die Farbe nicht für alle Eier!“
Pips erschrak. Würden seinetwegen nun viele Eier weiß bleiben? Oje! Da würden die Kinder aber traurig sein! Was tun?
„Ich werde neue Farbe holen“, versprach Pips. Er nahm zwei Farbtöpfe und machte sich auf den Weg über die Wiese. „Irgendwo“, murmelte er, „werde ich bestimmt Farbe finden.“
Pips sah sich auf der Weise um. Bunt ging es überall zu: Bienen steckten ihre Köpfe in die roten, weißen, gelben und blauen Blütenköpfe, wie bunte Farbklekse flatterten Käfer und Schmetterlinge von einer Blüte zur anderen, und in den Sträuchern sangen Vögel ihr kunterbuntes Wiesenkonzert.
Pips aber konnte sich darüber nicht freuen. Alles war hier so bunt, nur Ostereierfarbe gab es nirgends.
Er suchte weiter und fragte jeden, den er traf: „Habt ihr zufällig etwas Ostereierfarbe übrig?“
Keines der Wiesentiere aber konnte ihm helfen.
Da setzte sich Pips ins Gras und weinte dicke Tränen. Ganz mutlos war er geworden.
„Sei nicht traurig, Hasenkind“, hörte er auf einmal eine Stimme silberhell singen: „Bunte Farben kannst du haben, ich geb dir ein paar von mir. Eines aber musst du machen! Versprich mir: Du musst wieder lachen!“
Wer sang da? Pips blickte zum Himmel und sah einen bunten Regenbogen, der genau über ihm stand.
“Hihi”, lachte Pips laut los. “Seit wann kann ein Regenbogen singen?”
Er lachte und lachte und… Aber was war das?
Der Regenbogen fing an zu weinen! Plop, plop, plop, tropfte eine Träne nach der anderen silberblau und goldgelb in Pips´ Farbtöpfe.
Ohhh! Pips staunte. Solch schöne Farben hatte er noch nie gesehen. Wie sie funkelten und glänzten! Und der Regenbogen weinte in einem fort weiter, bis die Farbtöpfe regenbogenbunt vollgeweint waren.
„D-d-danke“, stammelte Pips. „D-d-danke schön.“
„Ich danke dir“, säuselte die Regenbogenstimme. „Ich habe mich so sehr über deinen Regenbogenostereierfarbenstreifen auf der Wiese gefreut. Doch nun lauf los! Bald ist Ostern, und du hast noch eine Menge zu tun.“
„Stimmt“, rief Pips aufgeregt. „Tschüs und danke. Ja, und frohe Ostern, Regenbogen.“, rief er zum Himmel hinauf.
Dann hoppelte er so schnell er konnte mit seinen Töpfen voller toller Regenbogenostereierfarben nach Hause.
© Elke Bräunling
Barbara Pronnet
Osterfreu(n)de im Outback
Pünktlich einen Tag vor dem Osterfest, erfuhr der Osterhase im Outback, dass Hasen mal wieder eine Plage waren in Australien. Ab sofort waren die Langohren in New South Wales zum Abschuss freigegeben. Schon wieder wir, dachte er pikiert. Waren Menschen schon mal ein Plage? Es gab schließlich auch mehr als genug. Pfui, solche Gedanken waren schlecht. Der Osterhase schüttelte traurig seinen Kopf und hüpfte zu seiner Höhle. Diese war unter einem großen ausgehöhlten Steinmassiv versteckt. Dort lagen die vielen Geschenke für die Kinder, die verteilt werden wollten. Er musste mehrere Farmen beschenken und die Anwesen lagen weit auseinander. Also ein gefährliches Vorhaben.
Wenn ein Farmer mal die Flinte zückte machte er vor keinem Hasen mehr halt, auch wenn der einen Korb auf dem Rücken trug. Der Osterhase hatte so seine jahrelange Erfahrung. Im weiten roten Land mit wenigen Versteckmöglichkeiten, lauerte so manche Gefahr. Es muss doch eine Möglichkeit geben, den Farmerkindern ihre Osterüberraschungen zu bringen, überlegte der Osterhase verzweifelt. Er stellte sich auf seine Hinterläufe und schaute über die verdorrte, karge Gegend. Nichts war zu sehen, nur ein paar gelangweilte Kängurus dösten unter der gnadenlosen Sonne. Plötzlich kam ihm die Idee. Es wäre die Rettung für ihn und die Kinder. Jetzt musste er nur noch feinfühlige Überzeugungsarbeit leisten. Vorsichtig hoppelte er zu den braunen Riesen. Mit denen war meistens nicht zu spaßen. Oft waren sie schlechtgelaunt und kämpferisch drauf. Und dann noch die Größe. Der Osterhase wusste, dass er nur eine Chance hatte sein Anliegen anzubringen und er musste es geschickt und überzeugend rüber bringen. Ein etwas kleineres, noch jüngeres Känguru bemerkte ihn als erstes und richtete sich sofort auf. Der Hase blieb mit etwas Abstand stehen:
„Hey du, ich muss mit dir reden. Ich sitze in der Patsche und nur du kannst mir helfen.“ rief er dem Hünen mutig zu.
„Was geht, kleiner Mümmler?“ der braune Riese sprang zu unserem kleinen Hasen und beugte sich zu ihm runter.
“Stets zu Diensten, Meister Lampe. Bin ganz Ohr“ grinste das Beuteltier frech.
Der Osterhase wusste, dass er jetzt keinen Fehler machen durfte. Ein Hieb vom dem Vieh würde ihm alle Knochen brechen.
„Ich bin der Osterhase und habe morgen eine riesen Sache zu erledigen. Ich muss Geschenke zu den Kindern auf die umliegenden Farmen ausliefern. Blöderweise ist gerade wieder ein Hasenplage und ich befürchte, dass ich dabei erschossen werde. Ich hab mir gedacht ob du mir eventuell helfen kannst? Ich könnte mich mit den Ostergaben in deinen Beutel verstecken und du bringst mich zu den Kindern. Du bist schnell und ihr seid zurzeit keine Plage. Es würde nicht lange dauern und alle Kinder in unserem Territorium würden dich lieben.“
So, jetzt war es raus und als er geendet hatte, wurde unserem Hasen bewusst, wie dumm das ganze klingen muss. Eigentlich hatte er schon verloren. Wer glaubte ihm denn so eine Story?
„Yeah, cool, klingt abgefahren. Ich bin dabei“ bleckte das Känguru und drückte begeistert seine Vorderläufe.
„Wann soll‘s losgehen?“ Der Osterhase war platt. Sein Näschen mümmelte ganz aufgeregt vor Freude. Das war ja leichter als gedacht. „Bitte komme morgen ganz früh bevor die Sonne auf geht zu meinem Bau. Dann erkläre ich dir alles.“ Sie nickten sich zu und der Hase sprang zurück in sein Heim.
Erst als er wieder in seiner Höhle war kam ihm der Plan völlig absurd vor. Was war nur in ihn gefahren? Ein Känguru als Mithilfe. Ein junges noch dazu. Es war völlig unerfahren und hatte nur Dummheiten im Kopf. Ein Teenager. Der kam sicher morgen erst gar nicht und hatte bestimmt alles bereits vergessen. Alle jungen Hüpfer waren doch unsensibel und egoistisch. Er wusste das von seiner Sippe nur zu gut.
Unser Osterhase hatte keine gute Nacht. Er träumte unruhig von tot geschossenen Eiern und buntbemalten Hasen. Als er gerade im Traum von einem Dingo gejagt wurde, zupfte etwas an seinen Läufen.
Er schreckte hoch und vor ihm stand das Känguru. Frisch, ausgeruht und mehr als pünktlich.
„Guten Morgen, Meister, los geht’s. Sind das da hinten die Geschenke? Wo kommen denn die her?“ neugierig schaute es zu den Gaben, welche in dem Bau des Hasen in einer Ecke lagerten.
„Guten Morgen, du bist wirklich da. Ich bin überrascht. Die Gaben kommen von…oben.“ Das musste genügen, denn schließlich haben Osterhasen eine österliche Schweigepflicht. Der Hase selbst war noch völlig fertig von der unruhigen Nacht und das Auftauchen des Beuteltiers hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Jetzt gab es aber kein Zurück mehr. Die Sache musste durchgezogen werden.
„Schön, pass auf. Ich lege die Geschenke jetzt in deinen Beutel. Dann komme ich mit hinein. Meinst du das geht? Wir versuchen es einfach, ok?“ Vorsichtig legte der Osterhase die Präsente in den großen warmen Fellsack des Riesen. Dann stieg er selber etwas umständlich hinein und wunderte sich wie groß und warm es darin war. Richtig gemütlich eigentlich.
„Es kann losgehen. Als erstes müssen wir zu der Doherty-Farm. Richtung Osten“. rief er aus dem Beutel. Das Känguru begann zu hüpfen. Erst langsam dann schneller. Ein richtiger Galopp. Dem Hasen wurde erst etwas schlecht, aber nach einiger Zeit war er gut im Rhythmus und er schaute aus dem Sack. Es machte fast ein bisschen Spaß. Als sie bei der ersten Farm ankamen hüpfte der braune Riese zu den angewiesenen Farnen nahe der Terrasse. Der Hase holte die ersten Päckchen heraus und versteckte sie unter das Blattwerk. Auf der Farm lebten zwei kleinen Mädchen Dann ging‘s weiter Richtung Südwesten zur Conelly-Farm. Dort lebte ein kleiner Junge.
Genau dieser Junge, der kleine James, konnte auch nicht richtig schlafen. Er war schon so aufgeregt weil doch heute der Osterhase kam. Er kroch aus seinem Bett und schaute aus dem Fenster. Es war zwar noch früh am Morgen aber nicht mehr so dunkel. Plötzlich bemerkte er ein Känguru. Es hüpfte zu den Büschen unter dem Akazienbaum der im Garten stand. Dann sah er wie sich der Beutel des Tieres bewegte und was war das?
Ein Hase lehnte sich weit heraus und versteckte etwas zwischen den Büschen. Lautlos wie sie gekommen waren verschwanden sie auch wieder in Richtung Felder und Grassteppe.
„Mama, Papa“ schrie James begeistert. Er lief zu seinen Eltern ins Schlafzimmer und sprang auf das Bett. Diese erschraken erst weil sie dachten ihrem Sohn wäre etwas passiert. Aber als sie das glückliche Gesicht ihres Sohnes sahen mussten auch sie lachen. „Stellt euch vor, ich habe gerade ein Känguru im Garten gesehen. In seinem Beutel saß der Osterhase und er hat ein Geschenk für mich in einem Busch versteckt.“ schrie er freudig.
Die Eltern waren stolz auf die blühende Phantasie ihres Kindes und die Mama streichelte James über die Wange. „Wie nett, dann können wir ja mal schauen, was dir die beiden zu Ostern gebracht haben“. sagte sie neckend. James merkte sehr wohl, dass die beiden ihm nicht glaubten. Erwachsene wollen immer alles glauben, aber das was direkt vor ihren Nasen passiert, sehen sie nicht. Bin ich froh, dass ich noch ein Kind bin, dachte er erleichtert.
Unsere beiden Osterfreunde hatten mittlerweile alle Farmen beliefert und als die Sonne aufging und es immer heller wurde, waren sie wieder in die Hasenhöhle zurückgekehrt. Völlig fertig krochen sie beide in den Schatten unter dem Steinmassiv und mussten erst mal verschnaufen.
„Ich danke dir von ganzen Herzen, das hast du klasse gemacht. Ohne dich wären alle Kinder leer ausgegangen. Jetzt können sie alle Ostern feiern und weiter an den Osterhasen glauben. Eigentlich sollte ich dich fest engagieren. Es hat viel Spaß gemacht.“ lobte der Osterhase freudig.
„Yeah, ich fand‘s auch voll cool. Jetzt hab ich zu Hause auch was zu erzählen. Ist ja oft öde da und immer chillen bringt‘s auch nicht.“ grinste das Känguru.
Es war halt doch noch ein junger Teenie.
„Schau da liegt noch etwas für dich. Als Dankeschön von oben“ sagte der Hase und deutete zu der kleinen Kammer in der Höhle. Da lag doch noch ein kleines Geschenk für den fleißigen Helfer. Ein kleiner Korb mit herrlichen Früchten. „Echt, für mich? Wie krass ist das denn? Voll der Hammer“. freute sich das Känguru. Vorsichtig schüttete der Hase die Früchte in den Beutel des Freundes. Die beiden sahen sich an. Das war schon eine Aktion. Sie hatten es geschafft. Alles war gut gegangen. „Mach‘s gut Großer und wir sehen uns.“ Der Osterhase und das Känguru gaben sich einen Klatsch mit ihren Pfötchen. „Alle Jahre wieder, Kleiner.“ Ich bin dabei“. Dann hüpfte der braune Riese zurück zu seiner Familie.
Der Osterhase legte sich nochmal auf seine langen Ohren. Bevor er seine Augen schloss, stieß er noch ein Dankesgebet nach oben. „Danke, dass die Kinder heute Ostern feiern dürfen und danke für die geniale Idee“. Dann schlief er traumlos ein.
(c) Barbara Pronnet
Antje Steffen
Opa und die Osterglocken
Traurig blickte Carina aus dem Fenster. Bald war Ostern, doch in Carinas Zuhause war davon nichts zu merken. Carinas Mutter war traurig, weil ihr Vater im Krankenhaus war und niemand wusste, wie ihm geholfen werden konnte. Auch Carina war bedrückt. Sie hatte ihren Opa Emil sehr lieb. Immer war er lustig und spielte mit Carina. Nun lag Opa Emil im Krankenhaus und niemand wusste, wie lange er dort bleiben musste. Carina wünschte sich, dass der Opa schnell gesund werden würde. Nicht nur, weil das Osterfest sonst gar nicht schön wäre, sondern, damit sie bald wieder mit ihm spielen konnte. Solange Opa Emil krank war, machten Carina nicht mal die vielen Blumen in ihrem Garten Spaß.
Letztes Jahr war sie mit ihrem Opa in den Garten gegangen. Opa Emil hatte Carina alle Blumen gezeigt und ihr die Namen der verschiedenen Pflanzen gesagt. Außerdem konnte er schöne Geschichten erzählen. Zu allen Blumen kannte er eine. Carina hatte ihm entzückt gelauscht. Zu den Osterglocken kannte Opa natürlich auch eine Geschichte.
Sie waren durch den Garten gegangen und als sie zu diesen gekommen waren, hatte Opa gesagt:
„Sieh mal, Carina. Sind die Osterglocken dieses Jahr nicht schön?“
Carina hatte genickt und geantwortet:
„Ja, Opa. Sie sind wunderschön. Ich mag sie sehr gern. Sie sehen aus wie kleine Glocken.“
Opa Emil hatte gelächelt.
„Ja, meine Kleine, du hast Recht. Und weißt du, warum das so ist?“
Carina hatte ihren Opa groß angesehen und den Kopf geschüttelt.
„Nein, das weiß ich nicht. Wieso sehen sie so aus?“
Opa hatte Carinas Hand genommen und war mit ihr zur Gartenbank gegangen.
„Nun, die Osterglocken sind besondere Blumen. Sie wurden von den Blumenelfen extra in Glockenform erschaffen und das kam so: Die Elfen wollten gerne eine neue Blume wachsen lassen. Sie sollte anders sein als alle anderen Blumen. Sie riefen eine Versammlung ein, um zu beraten, wie diese neue Pflanze aussehen sollte. Viele Elfen waren gekommen und machten ihre Vorschläge. Einige wollten eine Blume, die strahlend leuchtete und alle anderen in den Schatten stellte. Andere meinten, die Blume müsse groß und imposant sein, damit sie von weitem zu sehen wäre. Es ging hin und her. Immer lauter und hitziger diskutierten sie und bald entstand ein großes Durcheinander. Als es ganz laut war, läuteten im nahen Dorf die Kirchenglocken. Das war so schön, dass alle Elfen verstummten. Als der letzte Glockenton verklungen war, räusperte sich Eliza, eine kleine Elfe, die bisher geschwiegen hatte. Sie sagte: „Habt ihr gehört, wie schön die Glocken klingen? Wie wäre es, wenn unsere neue Blume wie eine Glocke aussehen würde? Außerdem könnte sie gelb leuchten wie die Sonne. Solch eine Blume wäre etwas Besonderes.“ Die anderen Elfen nickten und stimmten Eliza Vorschlag zu. Und so kam es dass die Elfen die Osterglocke schufen. Und noch heute ist diese Blume ein spezieller Frühlingsgruß.“
Carina hatte ihrem Opa gespannt gelauscht. Jetzt sprang sie auf und lief rüber zum Beet mit den Osterglocken. Sie betrachtete die kleinen Wunderwerke und freute sich daran, wie schön diese waren.
Dieses Jahr hatte Carina keine rechte Freude an den Osterglocken. Wenn doch Opa nach Hause kommen würde. Carina stand auf und ging in die Küche. Hier war Mama damit beschäftigt, einen Osterzopf zu backen. Als Carina den Raum betrat, lächelte ihre Mama.
„Hallo, mein Schatz. Möchtest du mir beim Backen helfen?“
Carina zögerte, dann antwortete sie.
„Ach nein, Mama. Ich habe keine Lust zum Backen. Ich wünsche mir, dass der Opa wieder zu uns kommt.
Mama sah ihr ins Gesicht.
„Das wünsche ich mir auch. Was hältst du davon, wenn wir nachher ins Krankenhaus fahren und Opa besuchen? Bestimmt freut er sich.“
Carina lächelte erfreut.
„Oh, dass wäre schön. Meinst du, er darf vom Osterzopf essen?“
„Ich denke schon“, antwortete Mama.
Sofort sprang Carina auf.
„Dann möchte ich helfen.“
Gemeinsam machten die beiden den Teig fertig und geschickt flocht Carinas Mutter den Osterzopf. Bald duftete es in der Küche herrlich nach Gebackenen.
Am Nachmittag machte Carina sich hübsch. Sie wusste, ihr Opa mochte ihr gelbes Kleid gern, da es die Farbe von Osterglocken hatte. Diese waren die Lieblingsblumen des alten Mannes. Carinas Mama machte den Osterzopf zurecht und packte ihn vorsichtig ein. Carina lief in den Garten, um einen Strauß Osterglocken zu holen. Bestimmt würden die Opa Emil helfen, schnell gesund zu werden. Als sie alles beisammen hatten, stiegen Carina und ihre Mama ins Auto und fuhren zum Krankenhaus. Dort angekommen machten sie sich auf den Weg zu Großvaters Zimmer. Carina wollte gerade anklopfen, als ein Arzt ihre Mutter ansprach.
„Guten Tag, Frau Schlegel. Schön, dass ich sie treffe. Ich wollte sie sowieso anrufen.“
Carinas Mama machte ein besorgtes Gesicht und fragte:
„Ist etwas mit meinem Vater?“
Ängstlich griff Carina nach der Hand ihrer Mutter. Sie blickte zum Doktor und wartete gespannt, was dieser sagte. Der Arzt merkte, dass das Mädchen Angst hatte und strich ihm beruhigend über das Haar.
„Es ist alles in Ordnung. Der Emil Huber ist dein Opa, richtig?“
Carina nickte.
„Ich habe gute Nachrichten für dich und deine Mama.“, sagte der Arzt. „Deinem Opa geht es viel besser. Wir haben endlich ein Mittel gefunden, um ihm zu helfen. Wenn er weiter gute Fortschritte macht, kann er zu Ostern nach Hause.“
Carina fiel ihrer Mama um den Hals. Opa ging es besser und er durfte bald nach Hause. Das war das schönste Ostergeschenk, das Carina sich denken konnte. Jetzt wollte sie schnell zu Opa Emil. Auch Carinas Mama freute sich über die Nachricht des Doktors. Freudestrahlend bedankte sie sich bei ihm. Er verabschiedete sich und endlich betraten Carina und ihre Mutter das Krankenzimmer. Opa Emil lag nicht, wie sonst, in seinem Bett. Er saß am Fenster und blickte hinaus in den Krankenhauspark. Als er seine Familie kommen hörte, drehte er sich um. Opa Emil sah viel besser aus, als an den letzten Tagen. Er war nicht mehr blass und seine Augen blickten wach in ihre Gesichter. Carina lief zu ihrem Opa und fiel dem alten Mann um den Hals. Dieser umarmte seine Enkelin und sagte:
„Ich freue mich, dass ihr hier seid. Rieche ich da etwa Osterzopf? Das wäre jetzt das Richtige für mich.“
Carina lächelte und erklärte:
„Den Osterzopf haben Mama und ich heute gebacken. Und sieh, ich habe dir ein paar Osterglocken mitgebracht.“
Opa Emil nahm die Blumen und lächelte. Er zwinkerte Carina zu und meinte:
„Die Blumen sind wunderschön. Ich denke, die Blumenelfen haben ihre guten Wünsche für mich hineingetan und deshalb geht es mir besser.“
Carina blickte ihrem Großvater ernst ins Gesicht.
„Das haben sie bestimmt. Ich habe ihnen erzählt, dass du krank bist und nicht zu ihnen in den Garten kommen kannst. Wahrscheinlich haben sie dich genauso vermisst wie ich. Deshalb haben sie geholfen, damit du gesund wirst und Ostern mit uns allen feiern kannst.“
„Ja, Carina“, sagte Opa Emil, „so wird es gewesen sein. Ich bin dir und den Elfen sehr dankbar. Bald kann ich mich persönlich bei ihnen bedanken.“
Die drei verbrachten einen vergnüglichen Nachmittag. In ein paar Tagen sollte Opa Emil entlassen werden. Danach konnten Carina und er nach Herzenslust im Garten sein. Ostern würde doch schön werden. Carina beschloss, den Blumenelfen dadurch zu danken, dass sie sich gut um ihr kleines Blumenbeet kümmern würde.
© Antje Steffen
Erschienen in der Anthologie „Wie aus dem Ei gepellt, Band 2“, Papierfresserchens MTM-Verlag
Christina Telker
Sophie beim Osterhasen
Die ersten Schneeglöckchen streckten ihre Halme aus dem noch gefrorenen Erdreich. Sophie freute sich über jeden Sonnenstrahl, sie holte den Roller aus dem Schuppen und begleitete die Mutti zum Einkauf. „Mutti stimmt es, wenn die ersten Blumen blühen kommt der Osterhase?“, fragte sie heute, als sie die Schneeglöckchen entdeckte. „Ganz so stimmt das nicht“, erklärte die Mutter. „Die Schneeglöckchen kommen viel früher als die anderen Blumen aus dem Erdreich. Selbst wenn noch eisige Stürme wehen, strecken sie schon ihr Köpfchen aus der Erde und wollen uns an den Frühling erinnern. Lange dauert es aber nicht mehr, dann kommt wirklich der Osterhase.“ „Siehst du, habe ich also doch recht, bald ist Ostern!“, freute sich Sophie. „Wenn wir nach Hause kommen, lese ich dir eine Geschichte vor“, versprach die Mutti. Das mochte Sophie immer besonders, wenn sich Mutti Zeit nahm, um mit ihr gemeinsam ein Bilderbuch zu betrachten und vorzulesen.
„Mutti, sieh mal, hier habe ich ein Buch vom Osterhasen gefunden, liest du es bitte vor?“, bat die Kleine später zu Hause und stand mit einem Buch vor der Mutter, das sie im Schrank gefunden hatte. Sophie wartete schon mit großer Ungeduld auf das Osterfest. Für sie war Ostern genauso spannend wie Weihnachten. Früh am Morgen war der Frühstückstisch schon besonders schön gedeckt, mit selbstgebackenen Brötchen und einem bunten Osternest auf dem Tisch. Am meisten grübelte Sophie darüber nach, wie es wohl beim Osterhasen sei. Wie er wohl die Eier bemalt? Ihr größter Wunsch war, einmal dabei zu sein, einmal dem Osterhasen über die Schulter, ach nein, über die langen Ohren, zu sehen. ‚Das sind ja Träume, die sowieso nicht in Erfüllung gehen‘, dachte das Mädchen dann auch gleich wieder. All ihre Freunde im Kindergarten hatte sie gefragt, aber keiner von ihnen hatte bisher den Osterhasen bei der Arbeit beobachtet.
Weil ihr das Buch, das Mutti gerade vorgelesen hatte, so gut gefiel, nahm sie es heute mit ins Bett. Noch einmal betrachtete sie die Bilder. Bevor sie es auf den Nachttisch legte und einschlief. In der Nacht hatte Sophie einen Traum. Ein Häslein aus ihrem Bilderbuch, wurde lebendig, kam zu ihr ins Bett und stupste sie an. „Hallo Sophie, du wolltest doch immer uns Osterhasen bei der Arbeit zusehen, komm mit!“ Sofort war Sophie bei der Sache, sprang so schnell wie noch nie in ihre Sachen und folgte dem Häschen. Draußen war es dunkel, der Mond spendete seinen goldenen Schein. Als Sophie mit dem Häschen aus der Haustür trat, wartete dort schon eine Kutsche. Sie hatte die Form eines halben Eies und sah wunderschön aus, nur war sie viel zu klein, um die beiden Fahrgäste aufzunehmen. Gerade überlegte Sophie noch, wie sie wohl in diese winzige Kutsche kommen könnte, als plötzlich eine Blumenfee vor ihr stand und ihren Zauberstab in die Höhe hielt. Im Nu erhielt Sophie die passende Größe, um in die Kutsche zu steigen. In Windeseile erhob sich die Kutsche in die Lüfte und landete wenige Minuten später im Osterhasenland. Mit offenem Mund staunte die Kleine die Wunder an, die sich ihr darboten. ‚Hier ist es ja sooo schön!‘, dachte sie noch, als schon ein Hasenkind auf sie zu kam, um sie willkommen zu heißen. „Es war doch dein Wunsch einmal bei uns zu sein. Heute soll dein Wunsch erfüllt werden“, sprach der kleine Hase das Mädchen an. „Ich bin Hoppel und freue mich darauf dich durch unser Reich zu führen.“ „Hallo Hoppel, ich kann es noch gar nicht fassen.“ Sophie sah sich nun etwas genauer um. Überall blühten Frühlingsblumen in den schönsten Farben. In ihrem Garten sah es noch lange nicht so bunt aus. Kleine Küken liefen auf der Wiese umher. Von ihnen war Sophie besonders begeistert. „Wie kommen die kleinen Küken hierher?“, erkundigte sie sich verwundert. „Wir müssen lange Zeit vor Ostern die Eier sammeln, die uns die Hühner zur Verfügung stellen, da passiert es schon einmal, daß ein Küken aus dem Ei schlüpft“, berichtete Hoppel „Und was macht ihr mit den Küken?“, wollte Sophie nun weiterwissen. „Einige bleiben bei uns und helfen dann im kommenden Jahr, Eier für das Fest, zu legen, andere setzen wir auch mal aufs Körbchen, wenn wir die Eier verstecken. Die Kinder freuen sich ganz besonders darüber.“ „Das finde ich toll, auch ich würde mich über so ein Küken freuen!“, strahlte Sophie den Hasen an. „Nun wollen wir uns aber das Osterland ansehen, sonst ist die Nacht vorüber und du mußt wieder nach Hause.“ Sophie wurde erst jetzt daran erinnert, daß diese traumhaft schöne Zeit so schnell zu Ende gehen würde. Nun machte sie sich mit Hoppel auf den Weg, durchs Hasenland. „Bevor wir losgehen, schenke ich dir ein Ei, das kannst du auf dem Wege bemalen, wenn wir alle Häuser besucht haben, wird dein Ei hübsch bunt sein.“ Ganz vorsichtig trug Sophie ihr Ei und war mächtig stolz darauf mit dem Hasen durch das Osterland zu spazieren. Alle Häuser im Hasenland hatten die Form eines Eies und waren buntbemalt. „Wo habt ihr nur all die schönen Farben her?“, wollte Sophie wissen, die bereits angefangen hatte ihr Ei zu bemalen. „Du siehst die frischen Blumen in Fülle hier, sie spenden uns die Farben. Natürlich muß man auch verstehen die Farben zu mischen. Dies richtig zu verstehen ist ein altes Osterhasengeheimnis.“ Sophie kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Nun näherten sie sich schon dem Ende des Hasenreiches. Im Osten zeigte sich schon das erste Morgengrauen, es wurde höchste Zeit sich zu verabschieden. Sophies Ei war bunt bemalt, sie nahm es als Erinnerung mit. Schnell stieg sie in die Kutsche und los ging der Rückflug, wie auf Elfenflügeln.
Wenig später kam auch schon die Mutti ins Zimmer, um ihre Kleine zu wecken. Sophie schaute verwundert um sich und sah auf ihrem Nachttisch ein buntes Ei liegen. Hatte sie dies Ei wirklich heute nacht bemalt oder war es nur ein Traum?
(c) Christina Telker
Elke Bräunling
Das Osterei auf der Fensterbank
„Nanu? Was glitzert so rotgolden in der Morgensonne? Hat da jemand ein Schmuckstück vor das Fenster gelegt?“
Oma Weber blinzelte. Ihre Augen waren noch müde, denn sie hatte bis tief in die Nacht den neuen, spannenden Fantasyroman zu Ende gelesen. Sie beugte sich aus dem Schlafzimmerfenster und blickte zum Küchenfenster hinunter. Ein kleines rotes Ding lag dort auf der Fensterbank.
Oma Weber lächelte und malte sich aus, wie in der Nacht eine Fee auf dem Fensterbrett Rast gemacht und eine rote Perle aus ihrem Gewand verloren hatte. Ein schöner Gedanke. Oma Weber, die schöne Gedanken liebte, schmunzelte. Vielleicht, überlegte sie weiter, war es aber auch eine kleine, traurige Frühlingselfe gewesen. Vergebens hatte sie nach der duftenden Wunderblume gesucht, die mit ihren Frühlingsglöckchen die Marienkäfer aus dem Winterschlaf aufweckte. Weil sie sie aber nicht finden konnte, hatte sie rote Tränen geweint und eine ist aufs Fensterbrett getropft.
„Oh!“, sagte Oma Weber. „Ich denke, ich sollte der kleinen Elfe bei der Suche nach der Wunderblume mit den Glöckchen helfen. Gleich nachher werde ich in den Gartenmarkt fahren und Blumen für die Fensterbänke kaufen. Blumen, deren Blüten Glöckchen ähneln.“ Sie lächelte, liebte sie Blumen doch fast so sehr wie Bücher, Märchen und Marienkäfer. Und sie freute sich auch auf den Gartenmarkt. Ihren Fotoapparat würde sie mitnehmen und Blumen würde sie fotografieren.
„Was für ein guter Plan!“, sagte sie. „Ich glaube, dieser Tag wird ein guter Tag.“
Zuerst aber wollte sie sich die Elfenträne doch noch genauer ansehen. So einen kostbaren Fund machte man schließlich nicht jeden Tag. Sie eilte in die Küche, öffnete das Fenster und fand keine Elfenträne, sondern ein Schokoladenosterei, verpackt in rotes Glanzpapier.
Oma Weber lachte hell auf.
„Ein Osterei!“, rief sie. „Wer hat das wohl hier verloren? Ein eiliger Osterhase, der mich daran erinnern möchte, dass bald Ostern ist? Ja, genau so wird es gewesen sein.“
Verwundert schüttelte sie den Kopf. Hätte sie doch beinahe glatt die Ostereier für die Kinder vergessen. Wie gut, dass da immer und überall kleine Helfer waren, die sie an solch wichtige Dinge erinnerten.
„Danke, Osterhase!“, rief sie in den Garten hinaus.
Dann nahm sie einen Einkaufszettel und schrieb auf:
„Wunderblumen mit Glöckchen für die Elfen und Marienkäfer. (In Klammer: Ob Osterglocken die richtigen Blumen sind?), Ostereier für die Kinder, einen großen, goldenen Schokoladenosterhasen für Opa Weber und …“ Sie machte eine Pause, überlegte, lächelte. „Und ein neues dickes Buch für mich.“
© Elke Bräunling
Wie in jedem Jahr sollte auch diesmal am Ostersamstag ein Osterfeuer im Ort stattfinden. Die Freiwillige Feuerwehr lud alle Dorfbewohner ein. Bauer Schmitt stellte dazu seinen Hof zur Verfügung. Er war selbst Mitglied der Feuerwehr und freute sich jedes Jahr auf dieses Ereignis. Es gab Platz, den Holzhaufen aufzuschichten und ein großes Dach. Dieses diente normalerweise dazu, um die verschiedenen Ernteanhänger unterzustellen. Für das Osterfeuer waren diese auf die gegenüberliegende Wiese gebracht worden, diese diente gleichzeitig als Parkplatz für die Besucher. Unter das Dach kamen Tische und Bänke für die Gäste. Wenn man in den Wochen vor Ostern am Hof von Schmitt vorbeikam, sah man den Haufen aus Ästen, Zweigen und ähnlichem stetig wachsen. Es war ein ziemlich großer Stapel und er sollte bis zum Ostersamstag noch anwachsen. Die Leute, die am Hof vorbeikamen, blieben oft stehen und riefen dem Bauern zu:
„Hey, das sieht toll aus. Gibt bestimmt ein schönes Feuer und wir können lange feiern.“
„Ja, dieses Jahr ist ein gutes Jahr. Nur die Trockenheit macht mir ein bisschen Kopfzerbrechen.“
Das war wirklich ein Problem, denn in den letzten Wochen gab es so gut wie keinen Regen und im ganzen Land herrschte völlige Trockenheit. Die Behörden warnten vor Waldbrandgefahr. Solche Warnungen betrafen natürlich auch das Osterfeuer. Aber die Stimmung wollte sich trotzdem keiner verderben lassen. In der Woche vor Ostern fuhr Bauer Schmitt mit seinem Trecker und Hänger durch den Ort und sammelte die letzten Spenden für das Feuer ein. Einige Dorfbewohner brachten ihre Holzschnitte selbst zum Hof und so wuchs der Holzhaufen noch einmal beträchtlich an. Am Ostersamstag war Schluss. Jetzt sollte nichts mehr dazukommen. Der Feuerhaufen war wirklich groß und es war gut, dass auf dem Hof so viel Platz war.
Schließlich musste ein Sicherheitsabstand vorhanden sein. Direkt am Feuer würde es sehr heiß werden. Am Vormittag trafen sich die Männer der Feuerwehr bei Bauer Schmitt, um alles für den Abend aufzubauen. Die Tische und Bänke aus dem Lager wurden herangeschafft und unter dem Dach aufgebaut. Zwar meinte der Wettergott es gut mit den Veranstaltern und es würde auch heute keinen Regen geben, trotzdem war der Platz unter dem Dach immer sehr beliebt. Hier war es windgeschützt und gerade die älteren Mitbürger setzten sich gern an die Tische, um zu klönen und den neuesten Dorfklatsch auszutauschen. Der Getränkestand fand seinen Platz ebenfalls unter dem Dach. An ihm würde nachher bestimmt reges Treiben herrschen. So ein Feuer mit seiner Hitze machte immer durstig. Auf der anderen Seite wurde eine mobile Suppenküche aufgebaut. Es standen zwei Suppen zur Auswahl: eine Gemüsesuppe und eine Kartoffelsuppe. Direkt vor dem Dach wurde der Grill aufgebaut. Immer wieder tönten die Stimmen der Männer über den Hof.
„Hey Mike, hol bitte mal das Absperrband. Wir wollen nicht, dass die Leute sich verletzen.“
„Wird gemacht! Brauchst du sonst noch was?“
„Nein, im Moment nicht.“
An anderer Stelle wurden ein paar Stehtische aufgebaut.
„Stell die Tische weiter weg. Wir wollen niemanden rösten. Da vorn wird es viel zu heiß, wenn das Feuer erstmal in Gang ist.“
So ging es munter weiter und bald war alles aufgebaut und die Männer konnten nach Hause fahren, um zu essen und sich ein bisschen auszuruhen. Um siebzehn Uhr würden sie sich wieder hier treffen, um die letzten Vorbereitungen anzugehen und das Feuer zu entzünden. Alle freuten sich auf den Abend. Er war schließlich ein Höhepunkt in dem sonst so ruhigen Dorf. Doch mit der Ruhe sollte es nichts werden. Gegen fünfzehn Uhr heulte die Dorfsirene und die Pieper der Feuerwehrleute sprangen an. Ungläubig betrachteten die Männer die Meldung. Es brannte in der nahegelegenen, ehemaligen Kiesgrube. Vor Jahren war diese geflutet worden und hatte sich zu einem beliebten Badetreff entwickelt. Fluchend machten sich die Feuerwehrmänner auf den Weg zur Wache. Schnell waren sie da und fuhren zum Einsatzort. Vor Ort gab es Entwarnung. Das Feuer entpuppte sich als Verbrennung von Gartenabfällen, die von einem ortsansässigen Gärtner durchgeführt wurde. Der Gute hatte nur vergessen, dass er so ein Feuer anmelden musste und dadurch den Alarm ausgelöst. Die Männer von der Feuerwehr machten sich kopfschüttelnd auf den Rückweg. Allerdings nicht, ohne vorher noch ein paar Worte zu dem Geschehen loszulassen.
„Das wird teuer.“
„Kann doch nicht einfach jeder machen, was er will.“
„Schon davon gehört, dass Feuer bei dieser Trockenheit gefährlich ist?“
Der Wehrführer sagte:
„Ich will hoffen, dass Sie das nächste Mal daran denken, ihre Brandabsichten anzumelden. Was glauben Sie, wofür das gut ist? Wir sind schließlich nicht dazu da, um unnötig in der Gegend rumzufahren.“
Der Übeltäter machte sich ganz klein und verzog das Gesicht.
„Tut mir wirklich leid. Ich dachte nicht, dass es so viel Qualm geben würde. Waren nur ein paar Abfälle. Die Sache ist doch ganz harmlos.“
„Nichts da harmlos. Das ist ein Verstoß gegen sämtliche Vorschriften und wird Konsequenzen haben.“
Der Wehrführer war wirklich sauer. Wenn jemand seinen Müll verbrennen wollte, sollte er das wenigstens melden, damit er und sein Männer Bescheid wussten. Jeder Einsatz war schließlich mit Kosten verbunden. Außerdem war heute Osterfeuer und es gab ohnehin genug zu tun. Die Männer fuhren zurück zur Wache. Dort angekommen, räumten sie auf und machten sich auf den Weg zum Hof von Bauer Schmitt. Dort waren schon ein paar Kameraden dabei, alles weitere vorzubereiten. Die großen Suppentöpfe standen bereits auf den Herdplatten. Schließlich sollte alles fertig sein, wenn um 18.00 Uhr die ersten Dorfbewohner kamen. Die Feuerwehrmänner schimpften noch eine Weile über diesen „dummen“ Gärtner, aber dann siegten die gute Laune und die Vorfreude auf ein schönes Feuer. Bald war es soweit, dass der Holzstapel angesteckt werden sollte. Die Männer achteten normalerweise darauf, dass das Feuer an der Seite angezündet wurde, die dem Wind abgewandt war. Aus irgendeinem Grund, ob nun durch die Aufregung um den Einsatz oder etwas anderes, klappte es diesmal nicht. Sie steckten das Feuer so an, dass der Wind direkt hinein blies. Dadurch fraßen sich die Flammen rasend schnell in den Stapel. In der Nähe des Feuers waren zwei Brandwachen postiert, die aufpassen sollten, damit niemand zu nah an das Feuer heranging. Auch die Kinder mussten beaufsichtigt werden. Gerade die Kleinen liefen oft achtlos in Richtung Feuer. Außerdem gehörte es zu ihren Aufgaben, das Feuer im Auge zu behalten. Die Feuerstelle lag zwar auf sandigem Boden und war relativ frei, doch im Anschluss an die Rückseite begann eine Grasfläche und dahinter war der Zaun zur Ponyweide. Die Ponys waren im Stall, um sie durch das Feuer nicht in Panik zu versetzen. Das Gras war jedoch sehr trocken. Bald kamen die ersten Dorfbewohner, um sich am Feuer zu erfreuen und einen gemütlichen Abend mit Freunden und Nachbarn zu verbringen. Die Feuerwehrleute wurden immer unruhiger. Der Wind war kräftig und fachte das Feuer stark an. Bald brannte der ganze Haufen lichterloh und bei genauem Hinsehen entdeckte man erste Feuerzungen, die sich in Richtung Grasfläche fraßen. Die Männer hinterm Grill blickten immer wieder zu ihren Kameraden und zum Feuer. Dieses Jahr lief wohl gar nichts rund. Die Flammen loderten wild und es wurde immer heißer. Wenn das Feuer die Wiese erreichte, dauerte es nicht mehr lange dann hätte es sich zum Wohnhaus vorgearbeitet. Bauer Schmitt blickte besorgt zu den Flammen. Ein Hausbrand am Tag des Osterfeuers fehlte gerade noch. Erinnerungen an einen früheren Brand kamen in ihm hoch. Sein Elternhaus war bereits einmal abgebrannt und die Gedanken daran drängen sich jetzt förmlich auf. Soweit durfte es nicht kommen. Sie würden das Feuer gut im Auge behalten müssen. Bald lief ein Mann los und holte das Löschfahrzeug. Als ein weiterer Kamerad loslaufen wollte, der zum Grillen eingeteilt war, ertönte eine Stimme:
„Halt Micha, du bleibst hier! Wir zwei passen auf den Grill auf. Die Leute wollen Wurst und keine Grillkohle!“
Michael zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder seiner Aufgabe zu. Fred hatte Recht, die anderen würden die Situation bestimmt bald im Griff haben. Das Auto wurde in Position gebracht und die Männer rollten den Schlauch aus. Einer der Helfer wollte zum Schlauch greifen und die Grasfläche löschen. Er merkte aber gleich, dass das keine gute Idee war. Harald trug zwar seine Schutzhose, war ansonsten aber nur mit einem T-Shirt bekleidet. Einer der Brandposten übernahm das Löschen. Dieser hatte die Lage zu Glück schnell unter Kontrolle und schon bald deutete nichts mehr darauf hin, was gerade passiert war. Die Dorfbewohner unter dem Dach bekamen von der ganzen Aufregung nichts mit. Sie saßen gemütlich beisammen, aßen die ersten Würste und tranken ihr Bier. Dabei unterhielten sie sich über den neuesten Dorfklatsch. Keiner warf auch nur einen Blick auf das hektische Treiben der Feuerwehrleute. Nach kurzer Zeit verstauten die Männer den Schlauch wieder und das Auto kam zurück auf den Parkplatz. Die Feier konnte weitergehen. Der Holzstapel war inzwischen schon ziemlich zusammengeschrumpft und die Gefahr eines weiteren Feuerausbruchs dadurch sehr gering. Die Dorfbewohner, die erst gegen neunzehn Uhr zum Feuer kamen, waren sehr verwundert. Sie fragten sich, warum das Osterfeuer in diesem Jahr so klein war. Doch auch wenn sich die Flammen nicht mehr lichterloh in den Himmel streckten, wurde es ein langer Abend. Die Kinder nutzten es aus, dass das Feuer soweit heruntergebrannt war. Sie holten sie Brotscheiben vom Grillstand, steckten diese auf Stöcke und rösteten sie über der Glut. Die Stimmung war sehr gut und als die Kälte kam, rückten alle näher an das Feuer heran, um die Wärme zu genießen. Noch bis in die Nacht hinein lachten und klönten alle und waren sich einig, dass dieses Osterfeuer etwas ganz besonders war.
© Antje Steffen
Erschienen in der Anthologie „Aufgeblüht – 30 Geschichten und Gedichte“, Freuntsch Media.