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Autoren der Gegenwart - Zeitgenössische Gedichte

Zeitgenössische Dichter präsentieren ihre Werke im Garten der Lyrik - Teil 3

Dahlie
Alexas_Fotos / pixabay.com

Autoren der Gegenwart von L - Z

Herbstkanon

ausgeliefert

Kemenate

Die Paartherapie

Manchmal

Die Möwe

Evolution

Hoffnungslose Kinderaugen

Promipärchen II

das sammeln

Harzer Quelle

Flächendeckend

Erntedank

Die Begleiter

Natur-Religion?

Ahnung

Ein schönes Zeichen

Die alte Rose

Es kriecht d. Abend ...

Florale Hypochondrie

es war sommer

Sommerimpression

Meltemi IV

Zeit für mich

Ein neuer Tag

Resignation

Kleine Dinge ...

Verfolgungsjagd

Strahlen weben ...

Rückblick

Geheimnis des Lebens

Friedensaufruf

Bäume

Selbsterkenntnis ist ...

Junges Leben

Vorwärts

so lang solange

Wenn Schmetterlinge 

Informationen über mitwirkende Autoren und ihre Werke findet Ihr in den jeweiligen Autorenlisten:

Autorenliste L - Z

Björn Lindt
Herbstkanon

Der Raureif perlt an welken Gräsern.
Myriaden Tropfen glitzern kalt.
Mit Fingern streicht der Morgen gläsern
die Töne aus der Endlichkeit.

Der Wind will dürres Herbstlaub erden.
Ein erstes Blatt verliert den Halt.
Ein Lied ist im Begriff zu werden,
erfindet sich zu Klängen hin.

Aus schweren Wolken fällt die Nässe.
Der Nebel weilt als Trauergast.
Es hallt ein Kanon dumpfer Bässe,
zu dem mein Herz die Takte leiht.

Es hat sich manches Blatt gewendet.
Das letzte pflückt der Sturm vom Ast.
Ich weiß, dass alles Liedsein endet,
selbst ich der Zeit geliehen bin.




Björn Lindt
Florale Hypochondrie

Schmerzt sie noch ihr Löwenzahn,
der schon seit der Herbstzeit lose?
Sprießt auf ihrem Fuß der Hahn?
Leiden sie an Gürtelrose?

Ist ihr Daumen immer grün?
Blähn sie wie ein Buschwind, Röschen?
Ihnen will oft Unheil blühn?
Sind sie schüchtern wie'n Mimöschen?

Wächst in ihren Lungen Kraut?
Reifen schon die Fingerbeeren?
Ist's ein Veilchen, das da blaut?
Will sich Schuppenflechte mehren?

Finden ihre Augen Trost,
wenn sie lang ins Wasser linsen?
Ist die Leber gar vermoost?
Sprechen sie gern Wahrheitsbinsen?

Haben sie oft Fieberklee,
oder etwa Nesselfieber?
Tun die Frauenschuhe weh?
Treu sind Männer ihnen lieber?

Neigen sie zu Bärenklau?
Sind sie gar ein Lippenblütler?
Schwitzen sie denn Sonnentau,
oder sind sie Sonnenhütler?

Wächst bei ihnen Frauenhaar?
Wolfsmilch strömt aus ihren Zitzen?
Röschen, sie sind höchst agrar,
selbst noch in den Berberitzen!

Hier mein Rat als Spezialist:
Gönnen sie sich mal ein Päuschen!
Helfen kann ein Deflorist.
Klarer Fall von: "Was am Sträußchen"!

Gerhard-W-Meibers
ausgeliefert

wohin
fliegen die Träume
wenn die Tage
ihr Gleichmaß pflegen
die Nächte unklar werden
wohin treibt sie
der Wind
dem ich
ausgeliefert bin

Landschaft mit Hütten im Nebel - Herbststimmung
Foto: Gellinger / pixabay.com

Gerhard-W-Meibers
es war sommer

damals
als wir
auf den Wassern
tanzten
die boote
mit atem füllten
streiften wir
den horizont
erzählten ihm
von unseren träumen
und erklommen
die inseln
um uns festzuhalten
für kurze zeit
denn
es war sommer

Christina Telker
Friedensaufruf

Habt ihr es denn schon vergessen,
wie der Vater fiel im Feld?
„Niemals mehr in diesem Leben!“
dieser Schwur ging um die Welt.

Kriege in entfernten Ländern,
wie leicht seh´n wir drüber hin.
„Nur im Frieden wolln wir leben“
so stand uns einmal der Sinn.

Doch es brodelt in der Ferne,
näher kommt es mit Gebraus!
„Leute greift schnell zu den Waffen!
Kommt, beschützet euer Haus!“

War es das was ihr einst wolltet,
als ihr riefet: „Nie mehr Krieg!“
Gebt euch brüderlich die Hände,
denn nur so der Friede siegt!

Lasst euch nicht vom „Freund“ missbrauchen,
wenn er noch so tobt und brüllt.
„Wir wolln Frieden!“ sagt es weiter,
bis dies Wort die Welt umhüllt.

Auch beim Nachbarn spielen Kinder,
wie die deinen, denk daran!
Darum hilf die Welt zu schützen,
dass es Friede bleiben kann.

 

 

Christina Telker
Erntedank

Aus kleinen Weizenkörnern,
wächst uns ein gutes Brot.
Wenn Gottes Segen mit uns ist,
dann leiden wir nicht Not.

Er lässt die Ernte reifen,
er lenkt der Sonne Lauf,
er tut dem Tau und Regen,
zurzeit die Pforte auf.

Er schenkt aus seiner Fülle,
auch Trauben uns für Wein,
drum lobt und dankt dem Herren
und lasst uns fröhlich sein.

Rudi Müller
Meltemi IV

Die Sonne ist leider schon untergegangen,
doch schenkt sie uns noch einen Teil ihres Lichts.
Der Mond schickt sich an, uns dies Licht einzufangen,
als hauchdünne Sichel entwächst er dem Nichts.

So zart er auch wirkt, er beginnt bald zu gleißen
und spiegelt sich geisterhaft glitzernd im Meer.
Ein magischer Anblick. Er geht mit dem leisen
und mystischen Raunen des Meeres einher.

Wie sanft nun die Wellen am Ufer zerfließen,
mit Einbruch der Nacht war der Wind abgeflaut.
Der Meltemi schickt nur noch samtweiche Brisen,
sie streicheln die Wellen und streicheln die Haut.

Der Zauber der Nacht nimmt uns schleichend gefangen,
erregt alle Sinne und nährt Phantasien,
erweckt in uns irrationales Verlangen
und lässt uns ins Reich unsrer Träume entflieh’n.




Rudi Müller
Die Paartherapie

Im Freundeskreis - so sagt’s ein jeder -
sind sie das ideale Paar.
Kein Streit, kein Krach und kein Gezeter,
sie harmonieren wunderbar.

Man teilt sich Rechte wie auch Pflichten,
vom Küchendienst bis hin ins Bett.
Doch ohne Planung gäb’s mitnichten
ein derart glänzendes Duett.

Trotzdem sind sie nicht ganz zufrieden:
Vielleicht könnt’s noch perfekter sein?
So haben sie sich jüngst entschieden:
Sie geh’n zum Therapeut zu zwei’n.

Es schadet ja nicht, vorzubeugen!
Wie oft hat man bereits gehört,
dass Nichtigkeiten Wirkung zeigen,
wenn man sie nicht beizeiten klärt.

Der Therapeut hieß sie willkommen
und quetschte gleich die beiden aus.
Sie haben’s dankbar angenommen
und öffneten sich freiheraus.

Der Doktor spitzte seine Ohren,
misstraute aber alledem.
Denn trotz beharrlich-sturem Bohren
fand er kein einziges Problem!

Ja, kann’s denn sein, dass die nie streiten?
Dies wär’ für ihn nicht förderlich.
Er forschte nach Befindlichkeiten,
und siehe da: Es lohnte sich!

So trübt Geschnarche beispielsweise
der Dame ihren Schönheitsschlaf.
Und sie? Schon seit der Hochzeitsreise
dünkt sie dem Herrn im Bett zu brav.

„Und Du“, fing sie gleich an zu fauchen,
„verkehrst meist nur als Missionar!
Die Frauen wünschen sich und brauchen
ein etwas breitres Repertoire.“

„Wie soll ich’s denn auch anders machen,
wenn Du mal wieder müde bist?“
Als Antwort schallte lautes Lachen:
„Dies zeigt, wie rücksichtslos er ist!

Vorm Frühstück halb im Schlaf genommen,
hab ich’s zwar meist noch akzeptiert.
Jedoch, zu spät zum Dienst gekommen,
war ich hernach zu Recht frustriert.“

„Da warst Du längst schon überfällig
nach unserem Drei-Monats-Plan!
Ich spürte ja schon unterschwellig,
Dich törnt so gut wie nichts mehr an.“

„Für etwas mehr Gefühlsanwandlung
gebricht’s an Deinem Pflichtumfang:
Kein Vorspiel! Keine Nachbehandlung!
So darbe ich schon jahrelang.“

~ ~ ~

Die Sitzung endet im Desaster.
Dem Seelenschmied ist dies egal,
er kriegt ja schließlich seinen Zaster!
Und was ist heute schon normal?

Christiane Mielck
Kemenate

Träume verstauben
in strukturierten Realitätsregalen
neben in Buchseiten gepreßten Illusionsblüten
in einer tristen Kemenate
der Gedankenvergangenheit,
die zu öffnen
der Verstand verbietet
und die Seele sehnt.

Mohnblumenfeld
Foto: Molisandor / pixabay

Christiane Mielck
Sommerimpression

Die Lerche
über Ährenwogen
trällert Jugendsommerträume
in den warmen Duft
der Erinnerung.

Feldstaubiges Treten
zwischen Kamille und Kraut
begleitet
ein Schmetterlingsschlag.

Flimmernde Gestalten
entsteigen dem Acker
in die schwüle Luft,
verschwimmen in einem
traumhaften Tanz.

Ewald Patz
Hoffnungslose Kinderaugen

Hoffnungslose Kinderaugen
Sind den Herschern ganz egal,
Denn sie lassen weiter bomben-
Rücksichtslos-pervers-brutal.

Kriege flackern auf der Erde
An so vielen Orten auf;
Machtbesess'ne Volksverführer
Nehmen Leid und Tod in Kauf.

Städte legen Sie in Trümmer-
Menschenleben gilt nicht viel;
Fließt auch Blut in rauen Mengen-
Machterhaltung ist das Ziel.

Hoffnungslose Kinderaugen
Möchte ich nie wieder seh'n,
Schmiedet Schwerter zu Pflugscharen
Und die Welt wär' wunderschön.

-

-

Ewald Patz
Kleine Dinge - große Schönheit

Ach wie viele Wassertropfen
Funkeln rot und gelb und blau-
Sehen aus wie Edelsteine,
Doch es ist der Morgentau.

In der Sonne- dieses Leuchten-
Diese Farben- diese Pracht;
Das hat nicht der größte Künstler,
Das hat die Natur gemacht.

Nur der Feingeist oder Dichter
Hat den Blick dafür bewahrt-
Freut sich an so kleinen Dingen,
Ist das Leben noch so hart.

Viele Menschen geh'n vorüber-
Haben damit nichts im Sinn-
Treten blindlings alles nieder
Und der Zauber ist dahin.

Stefan Pölt
Promipärchen II

"Die Schriftrollen warn in der Tiefe
der Archäologen-Archive.
Und wenn ich so schaue:
Die hatten 'ne Klaue!"
schimpft Hiero zur Ehefrau Glyphe.

* * *

"Ach wäre ich glücklich und froh
Du würdest im Warmen nicht so
verdammt an mir kleben
dann wäre mein Leben
viel leichter", sprach Hari zu Bo.

* * *

"Wenn ich bloß die Schulden nicht hätte
durch diese bescheuerte Wette!
Jetzt hängt unser Laden
am seidenen Faden."
Sprach Mario zu seiner Nette.

* * *

Die Expedition war ein Fehler.
der Pfad wurde schmäler und schmäler.
"Dein El Salvador
kommt Spanisch mir vor."
Sprach leise die Vene zu Ela.

* * *

"Du schielst mir zu oft nach Dolores.
Drum lehr ich dich erst einmal Mores."
"Das ist doch nur Tratsch
und völliger Quatsch!"
Beruhigt seine Koko der Lores.

Stefan Pölt
Verfolgungsjagd

Sitze wie auf heißen Kohlen
bei einer Verfolgungsjagd.
Kann hier nirgends überholen -
in der Kurve zu gewagt!

Hupe, brülle, zeig den Stinke-
finger Richtung Vordermann,
doch so heftig ich auch blinke,
er bewegt sich nicht rechts ran.

Linkerhand ein steiler Abhang,
rechterhand die Feuerwehr.
Jetzt nur keinen schnellen Abgang,
das wird ungeheuer schwer!

Hintendran ein Helikopter,
wäre der doch endlich weg,
klebt an mir wie ein Bekloppter
bodennah ganz dicht am Heck.

Endlich sind wir angekommen.
Alles steht, ich steige schnell,
noch ganz schwindlig und benommen,
aus dem Kinderkarussell.

Schwarzes Pferd auf Kinderkarusell
Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Uschi Pohl
Strahlen weben Phantasien

Licht und Schatten
die Akzente
schenken Erde feinsten Glanz
zaubern Bilder in Gedanken
laden ein zu einem Tanz
Strahlen weben Phantasien
schlängeln sich
durch Wald und Flur
Wundersames wird entdecken
wer ihr folgt
der flimmernd´ Spur

Licht und Schatten
Zauberkünstler
Waldgesicht
lebend´ge Ruh´
laß die Bilder in mir wirken
schau´ dem stillen Schauspiel zu
sehe Elfen
wie sie gaukeln
in der bunten Laubespracht
wie sie wippen auf den Pilzen
Märchenwelt für mich erwacht

Uschi Pohl
das sammeln

so laß mich trinken
an dem Bache
wenn Durst mich plagt
auf meinem Weg
und laß mich rasten
an dem Ufer
wenn mein Schritt müd´
mein Sinn mir träg´
möchte dein Plätschern
still genießen
nur lauschen dir
mehr brauch´ ich nicht
um mich zu sammeln
für die Strecke
die das Leben
noch auftischt

Jürgen Rehm
Rückblick

Ich lebte gern und froh in meinem wachen Leben,
viel Spaß und Torheit ich hier unter Scherzen machte,
vernahm die Stimme nicht, dass ich der Schmerzen achte,
und wollte zarte Bande unter Lachen weben.

Ich wollte Freude, Glück und noch mehr Liebe geben,
bei meiner Liebsten selig ich noch eben wachte,
bedenkend nicht, dass ich des Schicksals Weben achte,
und ließ mich stets von neuer Energie beleben.

Nun schwindet hin, worüber ich noch eben lachte,
es hat – nicht Gold war alles – auch der Glanz gestaubt,
und denke noch, bevor ich bald verhalten ende,

gern an die Menschen, die ich hier im Leben achte,
hab’ stets an eine höhere Instanz geglaubt
und falte leis’ und friedlich nun die alten Hände. 
 


Jürgen Rehm
Harzer Quelle

Es murmelt und plätschert die Quelle so wild,
dass blubbernd gleich Welle auf Welle so quillt.
So silbrig und frisch wie das Helle im Quarz,
so sprudelt und springt hier die Quelle im Harz.
Den Durst man sogleich an der Quelle stillt,
die hier so vergnügt an der Stelle quillt.

© Faro V.
Junges Leben 
oder Vater eines Sohnes

Vor mir steht ein junger Mann.
Aus den Augen schaut das Kind,
fragt mich stumm:„ Wann endlich – wann
weiß ich wie die Dinge sind?“

Vor ihm steht ein alter Mann.
Aus den Augen strahlt noch Kraft,
sagt ihm stumm:„Du merkst es dann –
irgendwann hast du ’s geschafft!“

Meine Zweifel zeig’ ich nicht,
nicht die Angst, die an mir nagt.
Optimismus – Wunsch als Pflicht –
hofft darauf, dass er ES wagt.

Faro.V
Ahnung

Eis
flüchtet schwitzend
auf quecksilberner Höhe
mit salzigen Spuren vor
IHM

ER
weckt Sonne
im Minutentakt früher,
ahnt das bleibende Licht
Frühling

Edeltrud Wisser
Ein schönes Zeichen

Ein Lächeln ist ein schönes Zeichen,
und kann den Tag dir glanzvoll streichen,
schaust du dich um, und dies vergebens,
nach diesem Fingerzeig des Lebens,
dann lächle selbst, und du wirst sehen,
kaum Einer kann dem widerstehen !

Brücke über Fluss - Spiegelung
Foto: Oliver Mohr / pixelio.de

Edeltrud Wisser
Vorwärts

Stehe am Ufer eines Baches
betrachte ihn
staune
bewundere plätschernde Ruhe
geruhsam verfolgt er seinen Pfad
zielstrebig
Hindernisse überwindend
zu keiner Zeit ausharrend
treibt er vorwärts
lebendig
wandlungsfähig
ein Beispiel
für mein Leben
unaufhörlich
voran zu gehen auf dem Weg
der mich weiterführt
zum Lebensziel

Inge Wrobel 2011
so lang solange

solange ich nicht
das wort liebe
zulasse

so lang
findet der schmerz
keinen namen

so lange
werde ich weinen
ohne zu wissen
warum

Inge Wrobel 2005
Die alte Rose

,Einmal noch in letzter Blüte’,
träumt die Rose, ‚will ich stehn.
Sonne mich vor Frost behüte …
klaglos später untergehn.

Einmal noch der einen Biene
Nektar, Lebensfreude sein.
Noch ein letztes Mal ich diene
ihrer Wollust ganz allein.

Wenn sie dann mit meinen Pollen
stäubt ein junges Pflänzchen zart,
ist erfüllt mein letztes Wollen:
hab erhalten meine Art.’

Bernd Thier
Bäume

Wie sind sie mir doch lieb
die starken,ach so stillen Bäume.
Ihre Demut verbirgt Erhabenheit.
Blattwerk und die zarten Zweige
lassen Biegsamkeit vermuten
der Stamm aber zeigt Stärke
und Unbeugsamkeit.

Eine Zierde der Landschaft sind sie.
Eine Pracht, bei deren Anblick
so manches Auge lacht.
Sowohl im Winter,
wenn sie angehaucht mit Schnee,
als auch im Sommer
wenn ihr Blattwerk rauscht
und sie die grünen Burgen der Vögel sind.

Im goldenen Herbst
sind sie der Kinder große Freude,
wenn diese mit ihren Füßen
die gefallenen Blätter hochwirbeln.

So ist es ein ständiges Geben und Nehmen
im ewigen Kreislauf der Natur.

Bernd Thier
Die Begleiter

Die Stille summte das Lied
von den magischen Momenten
die doch schon so fern.

Der Staub des Vergessen
wollte diese schon ganz zudecken
als der Klang zart leiser Töne
ihn noch rechtzeitig hinweg wischte.

Bewahrt vor dem Schicksal
des nicht mehr wissen,
kehrten sie als jederzeit abrufbare Erinnerungen
in das Wachbewusstsein ein.

Seit jener Zeit begleiten sie das Leben
und sind die Glückskörner solange es wärt.

Traudel Zölffel
Wenn Schmetterlinge lauschen

es sitzt ein
schöner
schmetterling
im rasen
so verzückt
die flügel zu
die fühler hoch
das ganze wirkt
entrückt

was er da hört
ich ahn es wohl
grasharfe wird
gespielt
von wem
das weiß
der sommer nur
ich hab den
wind gefühlt 

 

Traudel Zölffel
Es kriecht der Abend uns ins Haus

Es kriecht der Abend uns in Haus
lass aus das Licht, ich mag die Dämmerstunde
wenn Formen sich in Schemen wiederfinden
Weichzeichner zieht in sanfter Art die Runde

Ich lieb, wenn Grün ins Fenster fällt
das Draußen mit dem Drinnen sich vereint
es schleift sich ab, was als Kanten scharf
als Linien in Gesichtern uns erscheint

Die Regentropfen klopfen leise an
geben dem Fenster feine Perlenketten
ich zieh mit meinem Finger dort entlang
als könnte ich den Zauber damit retten

Vera Oelmann
Evolution

Stete Verwandlung ist das Leben.
Der junge Mensch wird alt
und geht dahin.
Was wir als tot bezeichnen,
hat sich nur gewandelt
und wenn wir trauern,
tun wir es um uns,
weil Liebgewordenes
nicht mehr gegenwärtig.

Lebt der gefällte Baum
nicht weiter in dem Stuhl,
der - lauschst Du ihm -
Dir Waldgesänge raunt?
Lebt das, was der Mensch tat,
nicht weiter in dem Andern?
Und wächst aus seinem Staub
nicht eine neue Blume?

Solang ein Jahr sich neigt
und ruht, um dann erneut
in voller Blüte wieder aufzustehn,
wird nichts von dem, was lebt,
auf Ewigkeit vergehn.

Vera Oelmann
Resignation

Ich wollte immer nur
ich selbst sein,
wenn ich mich abschnitt
vom großen Heer
der Bindfaden-Menschen.
Aber stets
holten Puppenspieler
mich zurück
und verknoteten
Fäden aufs Neue.
So spiele ich
meine Rolle weiter
im Welttheater,
während die
Katerstimmung
des unguten Gefühls,
daß im Grunde
alles beim Alten bleibt,
den erneuten Griff
zur Schere verhindert.

Paul Rudolf Uhl
Selbsterkenntnis ist...

Ab heute lebe ich gesund:
Ein Fitnessrad fürs Schlafgemach!
Hab täglich vor zu strampeln und
die Pfunde schwinden, nach und nach!

Ich zieh Bilanz vier Wochen drauf:
Am Körper häuft sich Pfund um Pfund...
Ich reg darob mich gar nicht auf,
was mach´ ich falsch – was ist der Grund?

Fast täglich hindert mich was dran:
der inn´re  Schweinehund ist schuld,
der sagt, warum ich grad ´nicht kann,
entschuldigt alles, voller Huld:

Besuch bekommen – keine Zeit...
Ein schlimmes Kopfweh bremset mich...
Und heut´ ist Stammtisch, tut mir leid...
das Fernsehen ist hinderlich...



Paul Rudolf Uhl
Natur-Religion?

So mancha Felsn hat a Gsicht –
des mechst ned glaam – a Baam oft aa…
Vielleicht gibt´s  wirkli Trolle und
aa Elfen – Mensch, des kunnt doch sa?

Naturgeista – warum denn ned?
Mia Menschn san doch gschaffn worn
vo da Natur und ghearn dazua…?
Red ned dagegn, sonst kriagst mein Zorn!

Weil: I find´s logisch – woaßt, warum?
Da Herrgott is vielleicht d Natur –
allmächtig – und mia sündign
dagegn – des is doch Wahnsinn pur!

Zwar is de Wejt koa Paradies –
des is valorn, de oide Gschicht…
Wann mia aa no de Wejt valiern
– des waar dann unsa letztes Gricht!

Obwohj: da Wejt gang`s ohne uns
vej bessa – des is amoi gwieß...
Und, dass – d Natur – wia ma´s aa nennt -
auf uns gor ned ogwiesn is…

Zu guter Letzt hab ich erkannt:
Allein mit Kauf ist´s nicht getan...
Erkenntnis hilft – ich bin gespannt:
Was ist an diesem Sprichwort dran?...

Nilhexe42j
Ein neuer Tag

Wachgeküßt
durch die Sonne,
geweckt
vom Gesang der Vögel,
lache ich
dem neuen Tag
entgegen.

Seemöwe
Foto: norbibuvar / pixabay.com

nilhexe42j
Die Möwe

Aufgewühlt
gepeitscht im Sturm
berührt das Meer
mein Gesicht.

Zitternd
stehe ich am Ufer.
Atme ich frierend
den Tau der See.

Am Ende
des endlosen Horizontes
schwebt hoffnungsvoll
eine einzelne Möwe.

Holger Schleip
Flächendeckend

Braune Erde, grüne Pflanzen
fügen sich zu einem Ganzen;
stetes nehmen, stetes geben, 
selbst sich wandeln – dies ist Leben.

Graue Straße, Dach aus Ziegel,
kahle Wände – Todessiegel:
Nichts ernähren, nichts erfassen, 
keinen Grashalm wachsen lassen.

Menschen stehen über Tieren: 
Sprache, Technik, Tischmanieren;
fleißig uns nach oben reckend
töten wir auch flächendeckend.

 


Holger Schleip
Geheimnis des Lebens

Unten feuchten Mooses Matten, 
oben luftig Blätterdach: 
In des Waldes kühlem Schatten
keimt das Leben tausendfach.

Märchenhafte Blumenwiese,
Formen, Farben, Blütenduft:
So, als ob ihr Glück entsprieße
und verzaubere die Luft.

Sommertanz der Schmetterlinge
farbenfrohe Flügelpracht:
Dass ein Lied aus Licht erklinge,
kündend Gottes Schöpfungsmacht.

Aber: mischt man alles unter,
bleibt nicht warm noch kalt, nur lau;
Farbenmischung macht nicht bunter,
lässt zurück nur ödes Grau.

Das Geheimnis unsres Lebens
liegt versteckt an jedem Ort,
der zwar dies birgt, doch nicht jenes, 
so dass ungleich hier und dort.

Auch der Menschheit Daseinsfülle
trinkt vom Quell der Ungleichheit;
Gleichheit webt des Todes Hülle,
ungleich blüht Lebendigkeit.

Mona Mulke
Zeit für mich

Manchmal
denke ich
über mich nach…
Sehe mir zu,
höre mir zu.
Stehe staunend neben mir,
spiele mit meiner geschenkten Zeit,
in einem verwunschenen Garten.
Laufe staunend durch die Beete,
sehe den Rosen beim Aufblühen zu.
In Zeitlupe dreht sich meine Welt weiter,
jeder Atemzug bringt Ruhe.
Ich liege im Gras,
sehe die Tautropfen fallen.
Das Sonnenlicht bricht sich in ihnen
und
schenkt mir einen Regenbogen….

Regenbogen über Seelandschaft
Foto: werner22brigitte / pixabay.com

Mona Mulke
Manchmal

Manchmal fühle ich mich,
als würde ich
die Wüste durchqueren,
barfuß,
ohne Kompass,
spüre jeden Stein
der sich in meine Füße brennt.
Manchmal
suche ich einen Weg im Schnee,
eiskalt ist mir,
im unendlichen Weis.
Manchmal
tanze ich im Nebel meiner Gefühle,
renne ins Nichts.
Manchmal
tauche ich hinab,
in die Tiefe
meiner Seele
In der Hoffnung
ich finde mich ,
kann mich zärtlich
in den Arm nehmen
und
die Angst besiegen.

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